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Polyzythämia vera (PV)
 

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Autor

Wibke Janzarik
 

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 Einleitung
 

Polycythaemia rubra vera

M. Vaquez-Osler

 

D45

Myeloproliferative Erkrankung mit autonomer Proliferation aller 3 Blutzellreihen mit Überwiegen der Erythropoese.

Die PV gehört mit der CML, der Essenziellen Thrombozythämie und der Ostomyelosklerose zu den Myeloproliferativen Syndromen, die monoklonale Erkrankungen der myeloischen Stammzellen mit autonomer Proliferation einer oder mehrerer hämatopoetischer Zellreihen darstellen.

 

 
 Epidemiologie
 

seltene Erkrankung

4-6 Fälle/ 100.000 Einwohner in D

 

60. Lebensjahr (50. - 70. nach [Pschyrembel])

M > F (3:2)

 

 

 
 Pathologie
 

unbekannt

 

 

Bei einem Hkt >55% kommt es zu einem kritischen Anstieg der Blutviskosität mit Absinken der O2-Transportkapazität des Blutes.
Hkt-Werte >60% gefährden die Mikrozirkulation, und es häufen sich thromboembolische Komplikationen, insb. bei gleichzeitiger Thrombozytose.

bei 30% aller PV-Patienten ist der Serumspiegel von Vitamin B12 > 900 pg/ml, 75% der Patienten haben eine Erhöhung der ungebundenen Vitamin B12-Bindungskapazität > 2200 pg/ml. Ursache ist eine Erhöhung von Transcobalamin-III (Bindeprotein in Leukozyten), nach anderen Quellen auch Hepatocorrin (Trancobalamin-I).

 

Histologie des Knochenmarks: hypozelluläres Mark, erythroide Hyperplasie, kein Speichereisen nachweisbar (Eisenfärbung), Faservermehrung möglich

 

 
 Diagnostik und Workup
 

Diagnosekriterien in Anlehnung an die U.S. National Polycythemia Vera Study-Group:

  • Kategorie A:
    • Erythrozytenzahl >6.5 x 1012 / l
    • normale art. O2-Sättigung (>92%; DD zur Polyglobulie)
      EPO-Spiegel normal
    • Splenomegalie
  • Kategorie B:
    • Thrombozytose >400 000/ μl
    • Leukozyten >12 000/ μl (ohne Fieber oder Infekt)
    • erhöhter Index der alk. Leukozytenphosphatase >100 (ohne Fieber oder Infekt)
    • erhöhter Serumvitamin B12-Spiegel (> 900 ng / l)

Die Diagnose gilt als sicher, wenn alle Kriterien der Kategorie A vorliegen, oder aber die ersten beiden Kriterien der Kategorie A in Kombination mit mind. 2 Kriterien der Kategorie B.

Ausschluss einer sek. Polyglobulie:

  • Herz-/Lungenbefund
  • Abdomen-Sono
  • pO2 arteriell (BGA)
  • EPO-Spiegel

 

Sonographie Abdomen

Blutbild:
Erythrozyten, Hb und Hkt erhöht, Leukozyten und Thrombozyten erhöht, BSG evtl. erniedrigt
Labor:
Harnsäure erhöht (hoher Zellumsatz)

Beckenkammbiopsie:
Proliferation aller 3 Blutzellreihen mit Überwiegen der Erythropoese, ausgeprägte Eisenverarmung des Knochenmarks
Im KM-Ausstrich zahlreiche Megakaryozytenformen

 

 

 

 

 
 Symptome und Befunde
 

1.

65-85% Rötung von Gesicht (Plethora) und Extremitäten ("blühendes Aussehen")
evtl. Lippenzyanose, Pruritus, Erythromelalgie (plötzliche, schmerzhafte Rötung/Überwärmung bes. der Füße)

2.

30-50% Müdigkeit, Schwäche, Leistungsminderung

3.

20-30% Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust

4.

Hypertonie

5.

20-50% Schwindel, Kopfschmerzen, Tinnitus, Sehstörungen (Fundus polycythaemicus mit gestauten Netzhautvenen)

6.

30-50% vaskuläre Symptome: TIA, Claudicatio intermittens, Raynaud-Symptomatik

7.

Blutung aus Ulkus duodeni / Ulkus ventriculi, Ösophagusvarizen, Nasenbluten

8.

psychopathol. dysphorische oder depressive Stimmungslage

 

 
 Verlauf und Prognose
 

 

nicht heilbare, chron. Erkrankung
in 20% (nach [Mertelsmann 2002] in 9%) Übergang in eine Osteomyelosklerose
Übergang in eine akute Leukämie möglich (nach [Mertelsmann 2002] in 1-2% bei Aderlasstherapie, 5-15% bei Alkylantien und 5-6% bei Hydroxurea-Behandlung)
häufig Entwicklung einer Herzinsuffizienz

4 Todesursachen:

  1. Thromboembolische Komplikationen (40% der Todesfälle)
  2. Hämorrhagische Diathese
  3. Entwicklung einer Osteomyelofibrose mit Knochenmarkinsuffizienz (20%)
  4. Entwicklung einer akuten Leukämie (unter Aderlass in 2%, unter myelosuppressiver Therapie in 10-15%)

! Bei der PV können sowohl Thrombosen (wg. Thrombozytose) als auch Blutungen (Funktionsstörung der Thrombozyten) auftreten!
! Deutlich erhöhtes OP-Risiko (75% erleiden Blutungen, an denen 30% sterben)

10-Jahres-Überlebensrate 40-50%
Mediane Überlebenszeit 9-12 Jahre

 

 

 
 Differentialdiagnosen
 

DD der Polyglobulie (Anstieg von Erythrozyten, Hb und Hkt):

  • relative Polyglobulie (Pseudoglobulie) bei Dehydratation
  • absolute Polyglobulie (Erythrozytose):
    • autonome EPO-Vermehrung (norm art. pO2): paraneoplastisch (z.B. bei Hypernephrom), bei manchen Nierenerkrankungen (z.B. Zystenniere), familiäre Erythrozytose (autosomal-rezessiv)
    • kompensatorische EPO-Vermehrung: Hypoxie (art. pO2 erniedrigt), z.B. durch Aufenthalt in grosser Höhe, bei Lungenerkrankungen oder Herzvitien insb. mit Rechts-Links-Shunt; Hämoglobinstörungen (kongenitale Methämoglobinämie, CO-Hb (Raucher-Polyglobulie)
    • exogene EPO-Zufuhr (Doping)
    • Hormonale Stimulation der Erythropoese: M. Cushing, Therapie mit Kortikoiden, Androgenen

 

 
 Therapien
 

1.

Bei Hyperurikämie: Allopurinol

2.

Bei Juckreiz: Therapieversuch mit Antihistaminika, UV-Licht, PUVA</a>

1.

Regelmäßige Aderlässe (500 ml) oder Erythrozytophoresen mittels Zellseparator mit dem Ziel eines Hkt von <45%; Nachteil hierbei, dass ein Eisenmangel induziert wird (Substitution / nach [Mertelsmann 2002] vorsichtig mit Substitution auch bei klin. manifestem Eisenmangel, da path. Erythrozyten vermindert werden) und die Thrombozytose (thrombembolische Komplikationen!) unbeeinflusst bleibt.

2.

α-Interferon: Dosierung so anpassen, dass Hkt <45% bleibt. In verschiedenen Studien Normalisierung der Erythropoese durch IFN α 3-5 x 106 IU s.c. 3x/Woche: komplette Remission 50-70%, partielle Remission 20-30%

3.

Bei bedrohlicher Thrombozytose Gabe von Anagrelid, die isoliert zur Thrombozytendepression führt.

1.

Myelosuppressive Behandlung mit Zytostatika: z. B. Hydroxyharnstoff oder Alkylantien (Busulfan), wenn Thrombozyten >800 000/ Mikroliter (Thrombosegefahr) und bei starker Größenzunahme von Leber und Milz

! Erhöhtes Risiko (10-15fac) für die Induktion einer späteren akuten Leukämie

2.

Radiophosphortherapie: 32P, 0.1 mCi/kg Körpergewicht, maximal 5 mCi absolut; v.a. bei Patienten >50 Jahre und Nebenwirkungen/ Unwirksamkeit der Chemotherapie; erhöhtes Risiko für Transformationen

 

 
 Referenzen
 

Herold 2002, S. 82-83

Pschyrembel

Renz-Polster 2000

Mertelsmann 2002, S. 388-391

 

Studie: Prospektiver kontrollierter Therapieoptimierungsvergleich bei PV

 
 Editorial
 

Wibke Janzarik

13.11.2002

 

Tobias Schäfer, 06.08.2003

 

PRELIMINARY

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