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Akute myeloische Leukämie (AML)
 

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Autor

Wibke Janzarik
 

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 Einleitung
 

 

acute myeloic leukemia

C95.9

Systematisierte diffuse autonome Proliferation von hämatopoetischen, leukozytären Stammzellen mit Ausschwemmung unreifzelliger Blasten ins Blut

 

 

 
 Epidemiologie
 

Die Inzidenz steigt von <1/100.000 für Personen < 30 Jahre auf 14/100.000 im Alter von 75 Jahren an. In den USA verursacht die AML 1,2% aller krebsbedingten Todesfälle.

 

 

 

 

 

80 % der akuten Leukämien im Erwachsenenalter sind AML.

 

 
 Pathologie
 

  • Knochenmarkschädigung durch: Benzol, Zytostatika und Lost; ionisierende Strahlen: Verdoppelung des Leukämierisikos (akute Leukämien und chronische Myelose) bei einer Ganzkörperdosis von 1 Gy bei Erwachsenen
  • Genetische Faktoren
  • Entwicklung aus einem myelodysplastischen Syndrom, einer Polycythaemia vera u.a.

s. Ätiologie

Erhöhtes Vorkommen bei Trisomie 21 und Klinfelter-Syndrom; Bildung von Hybrid-Genen durch Translokation

Bei definierten Subtypen finden sich spezifische Translokationen:
t(15;17) bei FAB-M3, t(8;21) bei FAB-M2, inv(16) bei FAB-M4, t(6;9) bei FAB-M2 oder M4, t(9;11) bei FAB-M5. Daneben kommen in Leukämiezellen auch andere Aberrationen (Inversionen, Deletionen, ueberzählige oder fehlende Chromosomen oder auch rein quantitativ Hyper- oder Hypodiploidien) vor.

Neoplastische Transformation der hämatopoetischen Stammzellen und Expansion des malignen Zellklons auf Kosten der normalen Hämatopoese. Progrediente KM-Insuffizienz führt zu klinischen Symptomen.

 

Im Blut/ Knochenmark finden sich wenig differenzierte oder undifferenzierte Blasten mit grossen atypischen Nukleolen und schmalem, basophilen Zytoplasmasaum.
In bis zu 25 % der Fälle finden sich Auerstäbchen im Zytoplasma, bei der Promyelozytenleukämie (AML-M3) auch in Bündeln (sog. Faggot' Zellen).
Typisch ist ein Hiatus leukaemicus mit dem Fehlen der mittleren Entwicklungsstufen innerhalb der Granulopoese.

transgene Maus/ "knock-in" für AML1/ ETO (involviertes Onkogen bzw. neues Fusionsgen bei FAB-M2)

Einteilung erfolgt nach der FAB-Klassifikation (French-American-British), die auf der Morphologie der Blasten bei Beurteilung mit Hilfe einer panoptischen Färbung (Pappenheim) sowie zytochemischer Färbungen (Peroxidase, Perjodschiffsäure, unspezifische Esterase) beruht; sie orientiert sich an den Reifungsstufen der normalen Knochenmarkszellen: 

  • FAB-M0: akute myeloische Leukämie mit minimaler myeloischer Differenzierung (völlig unreif) (AMbL)
  • FAB-M1: akute Myeloblastenleukämie ohne Ausreifung (AMbL)
  • FAB-M2: akute Myeloblastenleukämie mit transpromyelozytärer Ausreifungstendenz
  • FAB-M3: akute Promyelozytenleukämie mit starker Granulation (APL)
    • FAB-M3V: Variante mikrogranuläre APL
  • FAB-M4: akute myelomonozytäre Leukämie (AMML; Monozytenleukämie Typ Naegeli)
  • FAB-M5: akute Monozytenleukämie (Monozytenleukämie Typ Schilling)
    • FAB-M5a: akute Monoblastenleukämie (AMoL)
    • FAB-M5b: akute Monozytenleukämie (Monoblastenleukämie mit Differenzierung)
  • FAB-M6: akute erythrämische Leukämien (Di-Guglielmo-Syndrom)
    • FAB-M6a: Erythroleukämie (EL)
    • FAB-M6b: erythrämische Myelose
  • FAB-M7: Megakaryozytenleukämie

Immunologische Klassifizierung der akuten Leukämien (EGIL-Klassifikation):

  • Myelomonozytär: >/= 2 positiv von anti MPO, CD13, CD33, CDw65 und/oder CD117
  • Erythroid (FAB-M6): unreif - keine Marker; reif - anti Glycophorin A+
  • Megakaryozytär (FAB-M7): CD 41 + und/ oder CD 61 + (Membran oder cytopl.)
  • Unreif myeloisch (FAB-M0): wie myelomonozytär, aber Zytochemie und lymphatische Marker CD 3, CD 79a, CD 22 neg.
  • TdT pos. AML
  • AML mit Expression lymphatischer Antigene (Ly + AML)

WHO (1999):

  • I. AML mit definierten Chromosomenbefunden (Translokationen)
  • II. AML mit multilinearer Dysplasie (2 oder 3 Zelllinien) mit oder ohne vorbestehendem MDS
  • III. AML und MDS, therapiebedingt (z.B. durch Alkylantien)
  • IV. Andere Formen der AML

Leukämie bedeutet "weisses Blut" und bezieht sich auf die verbreiterte Leukozytenmanschette (buffy coat) auf der Erythrozytensäule nach Zentrifugieren des Blutes bei Leukämiepatienten mit sehr hohen Leukozytenzahlen. Virchow prägte den Begriff bei einer CML.

 

 
 Diagnostik und Workup
 

 

Klinik, BB und Knochenmarkbefund mit Zytochemie und Immundiagnostik

 

 


© 2003 A Med World AG. Verwendet mit freundlicher Genehmigung.
Quelle: http://gfx.m-ww.de/blut_aml.jpg


Blutbild, Knochenmarkzytologie und -histologie:

  • Leukozyten können normal, erhöht oder erniedrigt sein (40 % subleukämisch!)
  • erst die unreifzelligen Elemente im Blut und KM sichern die Diagnose (selten aleukämische Verläufe: Blasten nur im KM zu finden)
  • oft Anämie, Thrombozytopenie, Granulozytopenie

Wenn Leukozyten, Erythrozyten und Thrombozyten zahlenmäßig normal sind, so schließt dies eine Leukämie mit 95 %iger Sicherheit aus!

Zytochemie: Myeloperoxidasereaktion pos. bei FAB-M1, M2, M3/M3V, M4; alpha-Naphtylacetatesterasereaktion pos. bei M4 und M5.

Zytogenetik: typisch für FAB-M3 ist das PML-RARα-Hybrid-Gen, das durch die Translokation t(15;17) entsteht (hierbei interferiert das neu entstehende Fusionsprotein mit der Funktion des normalen RARα-Proteins, das die Interaktion mit Retioninsäure-Derivaten vermittelt, daher Behandlung mit Transretioninsäure möglich. Dagegen schlechteres Ansprechen bei der selteneren Translokation t(11;17)); typisch für FAB-M2 ist die t(8;21), bei der das AML 1-Gen (Chromosom 1) mit dem ETO-Gen (Chromosom 8) fusioniert.

BSG erhöht, ev. Harnsäure und LDH erhöht (vermehrter Zellumsatz)

Liquorzytologie bei M5-AML (! KI bei thrombopenischer Blutungsneigung)

 

 

 

 

 

 
 Symptome und Befunde
 

1.

kurze Anamnese!

2.

Abgeschlagenheit, Fieber, Nachtschweiß

1.

Symptome infolge Verdrängung der Hämatopoese: Infektanfälligkeit, Entzündungen an Haut-/Schleimhautübergängen, Pilzinfektionen (Soor durch Candida albicans)

2.

Symptome durch Anämie: Blässe, Dyspnoe, Müdigkeit

3.

Symptome infolge der Thrombozytopenie u./o. Verbrauchskoagulopathie (bes. FAB-M3): Blutungen

1.

evtl. Lymphknotenschwellungen (30 %), Splenomegalie, seltener Lebervergrösserung (Kinder> Erw.)

2.

Hypertrophische Gingivitis bei FAB-M4 und M5

3.

Leukämische Haut- und Organinfiltrationen

 

 
 Verlauf und Prognose
 

 

 

Komplikationen nach allogener Knochenmarktransplantation/ Stammzelltransplantation:

  • toxische Nebenwirkungen der Konditionierungstherapie:
  • Infektionen:
    • Septische Infektionen durch Bakterien und evtl. Pilze
    • Interstitielle Pneumonie (20 %), bes. durch Cytomegalievirus (hohe Letalität) und andere opportunistische Infektionen während der längerfristigen immunsuppressiven Phase nach KMT (nach 1 Jahr meist Stabilisierung des Immunsystems).
  • Graft versus host disease (GvHD): häufiger bei KMT als bei SZT
    • Akute GvHD (bis 50 %) innerhalb der ersten 3 Monate nach KMT: alloreaktive Spender-T-Lymphozyten führen zu einer Schädigung von Haut (makulopapulöses Exanthem, Erythrodermie), Darm (Enteritis), Leber (Hepatitis). Prophylaxe: Ciclosporin A und Methotrexat; Therapie: Prednisolon, Antilymphozytenserum, monoklonale AK gegen T-Lymphozyten u.a.; Anm.: Erythrozyten- und Thrombozytenkonzentrate müssen vor Transfusion bestrahlt werden, um eine GvHD zu verhindern.
    • Chronische GvHD (ca. 25 %): Tritt später als 100 Tage nach KMT auf. Verlauf ähnlich wie Kollagenose, mit Sicca-Symptomatik, Hautveränderungen, Schleimhaut-, Leber-, Darmbeteiligung u.a.; Therapie: Prednisolon und Azathioprin u.a. Immunsuppressiva
  • Leukämierezidiv: Ca. 20 % bei KMT in der 1. Remission, höhere Raten bei späterer KMT

Prognose je nach Zytogenetik und Therapie (siehe dort).

ungünstige Prognosefaktoren:

  • Leukozyten > 100 000/Mikroliter
  • Alter > 60 Jahre
  • Zytogenetik: del5, del17, u.a.
  • Therapiekurse bis Remission >1

prognostisch günstig:

  • Zytogenetik: t(8;21), inv(16) bei FAB-M4 Eo

 

 

 
 Differentialdiagnosen
 

1.

Mononukleose: Bei Lymphknotenschwellungen mit atypischen Lymphozyten im Blutbild (Buntes Blutbild mit Reizformen der Lymphozyten, bei meist normalen Thrombozyten und Erythrozyten, pos. Paul Bunnell-Test bzw. AK-Titer gegen EBV)

2.

Aplastisches Syndrom oder Myelodysplasiesyndrom: bei Panzytopenie

 

 
 Therapien
 

Behandlung in Zentren nach Therapieprotokollen innerhalb von Studiengruppen

1.

sorgfältige Hygiene, keimarme Räume

2.

Infektprophylaxe durch selektive Dekontamination von Oropharynx und Gastrointestinaltrakt mit lokal wirksamen Anibiotika/ Antimykotika

3.

Substitution von Erythrozyten und Thrombozyten nach Bedarf, Gabe von G-CSF und GM-CSF

4.

Bei neutropenischem Fieber: Gabe von Breitbandantibiotika

5.

Prophylaxe einer Uratnephropathie unter zytostatischer Therapie: reichlich Flüssigkeitszufuhr und Gabe von Allopurinol.

Ziel: Erreichen einer kompletten Remission (= Normalisierung von BB/ KM mit < 5 % blastären Zellen im KM)
Ergebnis: 60-80 % komplette Remissionen; 5-Jahresrezidivfreiheit 20-40 %, abhängig vom Alter, der Zytogenetik, begleitenden Risikofaktoren und Therapieschema. Ein frühes Rezidiv ist prognostisch ungünstig.

1.

Remissionsinduktionstherapie: Zur Therapie der AML existieren verschiedene Therapieprotokolle, wobei die meisten Kombinationen die bewährten Substanzen Cytosin-Arabinosid, ein Anthracyclinderivat (z.B. Daunorubicin) und 6-Thioguanin enthalten. Nach 2-3 Behandlungszyklen Vollremission in 70-80 %.

2.

Remissionserhaltende Therapie: Verschiedene Strategien werden erprobt: kontinuierliche oder diskontinuierliche Behandlung; mit oder ohne intermittierende intensive Zytostatikazyklen

Allogene Knochenmarktransplantation:

  • Indikation: Patienten < 50 Jahre, die in Remission und infektfrei sind./li>
  • Voraussetzung: Vorhandensein eines histokompatiblen Spenders, d.h., HLA-ident. Familienspender (Geschwister 25 % Chance) und in der gemischten Lymphozytenkultur MLC-Negativität (keine Stimulation von Spender- und Empfängerlymphozyten); bei Fremdspendern muss auch DR-Kompatibilität bestehen, und der Spender sollte nur eine geringe Anzahl zytotoxischer Lymphozyten-Vorläuferzellen aufweisen; möglich auch Nabelschnurblut (seltener GvHD)
  • Prinzip: Zuerst Konditionierung durch intensive Zytostatikatherapie und anschliessende Ganzkörperbestrahlung mit ca. 10 Gy (fraktioniert), mit dem Ziel: Auslöschen der Leukämie und Immunsuppression. Danach i.v. Infusion der Spenderzellen, die sich im KM ansiedeln.
  • Ergebnis: Erfolgt die Transplantation in der 1. Remission, leben nach 10 Jahren bis 60 %. Bei späterer Transplantation leben nach 10 Jahren weniger als 30 %. Bei Fremdspendern ungünstigere Ergebnisse.

Allogene Stammzelltransplantation nach nicht-myeloablativer Therapie:
Nach einer nicht-myeloablativen Konditionierungstherapie (z.B. mit Fludarabin, Busulfan und ATG) erfolgt die allogene SZT. Erste Ergebnisse deuten auf eine bessere Verträglichkeit hin (als nach myeloablativer SZT), Rezidive können erfolgreich mit "donor lymphocyte infusion" behandelt werden.

Vorteile der SZT gegenüber KMT:

  • unbelastende Gewinnung von Stammzellen aus dem peripheren Blut durch Leukapherese
  • Risiko von Kontamination mit leukämische Blasten kleiner
  • Regeneration der Blutbildung schneller (ca. 9 Tage bei SZT im Vergleich zu 2-3 Wo. bei KMT)

Vorteile der autologen gegenüber der allogenen Transplantation:

  • Keine GvHD, weniger Komplikationen, geringere therapiebedingte Letalität
  • Keine Probleme mit der Verfügbarkeit von Spendern
  • Altersgrenze höher (ca. 60 Jahre)

Nachteile der autologen gegenüber der allogenen Transplantation:

  • Höhere Raten an Leukämierezidiven infolge von Kontamination des autologen Transplantates mit verbliebenen leukämischen Blasten (evtl. trotz Reinigungsverfahren, sog. "Purging")
  • fehlender Graft-versus-Leukämie-Effekt

Wenn Nachweis des PML/RAR-α-Gens positiv, kann eine Therapie mit All-trans-Retinsäure versucht werden. Retinsäure führt zu einer Differenzierung von Leukämiezellen zu reifen Granulozyten mit Verlust der mitotischen Aktivität. In Kombination mit Chemotherapie Remissionsraten bis 90 %.

 

 
 Referenzen
 

Herold 2002, S. 74ff.

Speer 2000, S. 710 ff.

 

 

 

 

 
 Editorial
 

Wibke Janzarik

30.11.2002

 

 

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