Pneumologie  >  Funktionelle Störungen der Lunge

 
Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS) (Rudiment)
 

Suche - Erweiterte Suche

 

Artikelnavigation 

Einleitung
Epidemiologie
Pathologie
Diagnostik & Workup
Symptome & Befund
Verlauf & Prognose
Differentialdiagnosen
Therapien
Referenzen
Editorial
Kommentare
Auf einen Blick
 

Autor

Tobias Schäfer
 

Login

Benutzername

Passwort

 

Impressum

Impressum
Copyright
Bildrechte
Kontakt
 
 
 
 

 Einleitung
 

ARDS

Acute Respiratory Distress Syndrome

 

Endstatium eines akuten Lungenschadens. Definitionen nach der American-European Consensus Conference on ARDS (1994):

Akuter Lungenschaden (Acute lung injury)
akute und persistierende Entzündung der Lunge mit erhöhter Gefäßpermeabilität. Drei klinische Eigenschaften:

  • ausgeprägte bilaterale Lungeninfiltrate
  • Verhältnis von arteriellem Sauerstoffpartialdruck (in mmHg) zu Anteil des Sauerstoffs an der Einatemluft (zwischen 0,21 und 1,0): PaO^^2^^/FiO^^2^^ < 300 mmHg, unabhängig von der Höhe des positiven end-expiratorischen Druckes (PEEP).
  • kein klinischer Hinweis auf einen erhöhten linksatrialen Druck; sofern gemessen, pulmonalkapillarer Wedge-Druck <= 18 mmHg

ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome)
akute und persistierende Entzündung der Lunge mit erhöhter Gefäßpermeabilität. Drei klinische Eigenschaften:

  • ausgeprägte bilaterale Lungeninfiltrate
  • Verhältnis von arteriellem Sauerstoffpartialdruck (in mmHg) zu Anteil des Sauerstoffs an der Einatemluft (zwischen 0,21 und 1,0): PaO^^2^^/FiO^^2^^ <= 200 mmHg, unabhängig von der Höhe des positiven end-expiratorischen Druckes (PEEP).
  • kein klinischer Hinweis auf einen erhöhten linksatrialen Druck; sofern gemessen, pulmonalkapillarer Wedge-Druck <= 18 mmHg

Eine Definition des ARDS über die erhöhte Lungengefäßvermeabilität (Nachweis über Galliumszintigraphie möglich) wird diskutiert.

ARDS unterscheidet sich von einem Lungenödem aufgrund von Permeabilitätsveränderungen, da es i.d.R. zu schwereren Lungenveränderung als das (reversible) Lungenödem führt.

 

 

 
 Epidemiologie
 

13,5 / 100.000 und Jahr (Schweden, Dänemark und Island Herbst 1997); 1,5 - 75 / 100.000 und Jahr

9% aller amerikanischen ICU-Patienten (1996)

jedes Alter, einschließlich reife Neugeborene

 

 

 

 

 
 Pathologie
 

ARDS ist mehr ein Schädigungsmuster als eine einzelne definierte Erkrankung (vgl. auch interstitielle Nephritis oder akute Hepatitis). Über 60 Ursachen bekannt. Man kann eine direkte von einer indirekten chädigung unterscheiden.

Sepsis
häufigste Ursache, v.a. bei unerklärlichem ARDS bei Intensivpatienten. Erhöhtes Risiko bei septischen Patienten mit positiver Alkoholanamnese (verminderte Gluthation-Konzentration in der epithelialen Flüssigkeit?)

Aspiration von Mageninhalt
ca. 1/3 der hospitalisierten Patienten mit klinischem Nachweis von Aspiration entwickeln ein ARDS (niedriger pH, Magenenzyme usw.)

Infektiöse Pneumonie
häufigste Ursache bei ambulanten Patienten, aber auch bei nosokomialen Pneumonien; verursacht durch Streptococcus pneumoniae, Legionella pneumophila, Pneumocystis carinii, Staphylococcus aureus, gramnegative enterische Bakterien und verschiedene Viren.

Schweres Trauma und Verbrennungen:
verschiedene Mechanismen:

  • bilaterale Lungenkontusion nach Thoraxtrauma
  • Fettemboli bei Frakturen der langen Röhrenknochen (12-48h nach Fraktur)
  • Sepsis nach einigen Tagen
  • massive Gewebeschädigung ohne Sepsis?

Transfusionen

  • Massive Bluttransfusionen
    ab 15 Blutkonserven; entweder direkte Lungenschädigung oder Ursache in der zugrundeliegenden Erkrankung
  • Leukoagglutinin-Reaktionen
    Leukoagglutinin-Reaktion während oder unmittelbar nach Transfusion von Fresh frozen plasma (FFP), Thrombozyten, Erythrozytenkonzentrat

nach Beseitigung einer Obstruktion der oberen Atemwege
nach Intubation oder Tracheostomie kann ARDS auftreten, v.a. bei Kindern und jüngeren Erwachsenen. Ösophagotracheale Fistel als Ursache?

Lungen- und Knochenmarkstransplantation

  • 1-3 Tage nach Lungentransplantation als primäres Transplantatversagen (Konservierungsschaden)
  • 2-4 Wochen nach autologer Knochenmarkstransplantation, mit diffusen Hämorrhagien

Medikamente

  • bei Überdosierung von Acetylsalicylsäure, Kokain, Opioide, Phenothiazine, trizyklische Antidepressiva
  • als Nebenwirkung von Protamin, Nitrofurantoin, Chemotherapeutika, Röntgenkontrastmittel

Andere

  • CABG (Bypasschirurgie-Patienten)
  • Akute Pankreatitis
  • Ertrinken
  • Venöse Luftembolien (durch Legen eines zentralen Zugangs)
  • Neurogenes Lungenödem
    bei intrazerebralen Blutungen oder Krämpfen
  • Akute eosinophile Pneumonie
    Patienten mit Fieber, diffusen pulmonalen Infiltraten, schwerer Hypoxämie. Keine periphere Eosinophilie, jedoch vermehrte Eosinophile in der BAL. Steroidtherapie.
  • Idiopathische Bronchiolitis obliterans with organizing pneumonia (BOOP)
    indolente, Pneumonie-ähnliche Erkrankung mit Husten, Dyspnoe und fleckigen Infiltraten. Diagnose: Ausschluß Infektion, offene Lungenbiopsie. Steroidtherapie
  • Miliartuberkulose
    systemische febrile Erkrankung. Diagnose über Nachweis säurefester Stäbchen in der BAL.

Zigarettenrauchen

 

Normale Lungenfunktion setzt trockene, offene Alveoli und adäquat perfundierte Kapillaren voraus. Das normale Kapillarepithel ist selektiv permeabel (vgl. auch Lungenödem).
Bei ARDS kommt es im Rahmen einer Entzündungsreaktion der Alveoli zu einer diffusen alveolaren Hämorrhagie. Aufgrund der besonderen Position der Lunge im Blutkreislauf gelangen systemische Mediatoren wie Tumornekrosefaktor α, Interleukin (IL)-1 und IL-8 an das Lungengewebe und können eine entsprechende Reaktion auslösen. Neutrophile werden in die Lunge rekrutiert und aktiviert. Die Freisetzung toxischer Substanzen wie reaktiver Sauerstoffspezies und Proteasen durch die Neutrophilen schädigt das alveolare Epithel und das kapilläre Endothel. Störungen der Apoptose aufgrund erhöhter G-CSF und GM-CSF-Konzentrationen in der Alveolarflüssigkeit sollen die frühe Reaktion verstärken.
Folge der Entzündungsreaktion ist der Verlust der epithelialen Barriere. Proteine treten aus dem Blut in das Interstitium aus; der osmotische Gradient, welcher die Flüssigkeitsresorption fördert, geht verloren. Die Drainagekapazizät der Lymphgefäße reicht nicht aus, um die blutige, proteinreiche Ödemflüssigkeit aus dem Alveolarraum zu entfernen. Es kommt zum Verlust von Surfactant; die Alveolen kollabieren.
Im weiteren Verlauf kommt es zu einem gestörten Gasaustausch, Ventilations-Perfusions-Defizite und physiologischem Shunting, vergrößertem Totraum, dadurch gestörter CO^^2^^-Abatmung. Hyperkapnie ist selten, jedoch wird das Atemminutenvolumen vergößert, um den PaCO^^2^^ konstant zu halten.
Die Steifheit der nichtbelüfteten Lungenteile führt zu einer verminderten Lungencompliance, eine der wichtigen Charakteristika des ARDS. Kleine Tidalvolumina können die Inspirationskapazität der Lunge überschreiten und zu einem dramatischem Anstieg der Drücke führen. Auch der Lungenwegswiderstand (Resistance) nimmt beim ARDS zu, die klinische Bedeutung ist jedoch unklar.
25% der ARDS-Patienten weisen eine pulmonale Hypertonie auf, wahrscheinlich aufgrund einer hypoxischen Vasokonstriktion und Gefäßkompression durch PEEP-Beatmung.

 

früh: diffuse neutrophile Alveolarinfiltrate, Hämorrhagien, exsudatives Ödem; Zytokine: TNF, IL1, IL8

spät: fibroproliferative Phase mit chronischer Entzündung, Fibrose, Neovaskularisierung

Fortschritte in der Beatmung mit positiven Drücken in den 1960er Jahren führte zu der Entdeckung einer Ursache des Atemversagens, die sich in beiden Lungen abspielte. Militärärzte in Vietnam nannten diese Erkrankung Schocklunge, während in zivilen Krankenhäusern der Begriff ARDS verwendet wurde. Erstbeschreibung 1967.

 

 
 Diagnostik und Workup
 

 

  • Röntgen-Thorax: bilaterale Lungeninfiltrate (ggf. auch im Verlauf nach Normalisierung des Wedge)
  • Swan-Ganz-Katheter: Kapillarverschlußdruck (Wedge) < 18 mmHg deutet auf akuten Lungenschaden hin (siehe auch Differentialdiagnosen). Aber: 20% der ARDS-Patienten haben eine eingeschränkte linksventrikuläre Funktion und damit einen erhöhten Wedge.
  • nach Definition wird für die Diagnose eines ARDS ein PaO^^2^^/FiO^^2^^ <= 200 benötigt, aber bei Patienten, welche die Kriterien für einen akuten Lungenschaden erfüllen (PaO^^2^^/FiO^^2^^ <= 300) nehmen einen ähnlichen Verlauf.

Ursachenanalyse:
Bei Fehlen klassischer Risikofaktoren wie Trauma, Sepsis, Aspiration ist eine gründliche Ursachenanalyse angezeigt. Anamnese sollte Medikamente, kürzliche Gabe von Röntgenkontrast oder Blutprodukten, Zugängen für Luftembolien oder neurologischen Ereignissen einschließen. Ggf. Bronchoskopie und/oder offene Lungenbiopsie. Letztere ist meist unergiebig, wenn die BAL nichtdiagnostisch ist. Daher nur durchführen bei Verdacht auf disseminierten Krebs, pulmonale Vaskulitis o.ä.

Zyanose, Tachykardie, Tachypnoe, diffuse Rasselgeräusche

Röntgen-Thorax initial: bilaterale, diffuse Lungeninfiltrate in mehreren Lungenabschnitten; prominenten Bronchogramm. Fehlen von Zeichen des akuten Herzversagens (Pulmonalvenenstauung, Kerley B-Linien, Kardiomegalie, bilaterale Pleuraergüsse)

Röntgen-Thorax im Verlauf: alveolare Infiltrate schwächen sich ab (Resorption des Lungenödems), interstitielle Infiltrate bleiben. Häufig Entwicklung eines interstitiellen Emphysems und Lungenzysten. Honigwabenlunge bei Fibrosierung.

Bronchoskopie: Nachweis von Hämorrhagien, hämosiderin-beladener Makrophagen (BAL), ev. okulter Aspiration (Essensreste), Mikroorganismen (BAL), Zytologie für Eosinophilie, virale Einchlußkörperchen, Tumorzellen

unspezifisch; Leukozytose, Nachweis einer disseminierten intravaskulären Gerinnung (DIC), Laktatazidose. BGA: akute respiratorische Alkalose, erhöhter alveolar-arterier Sauerstoffgradient und schwere Hypoxämie aufgrund der Rechts-Links-Shunt-Physiologie.

 

 

 

 

 

 
 Symptome und Befunde
 

Pulmonale Dysfunktion innerhalb 24-48 Stunden nach initialem Ereignis; schnell verschlechternde Tachypnoe, Dyspnoe, Hypoxämie mit hohem Sauerstoffbedarf; gelegentlich trockener Husten und Thoraxschmerzen. Beatmung immer notwendig.

Symptome der Begleiterkrankungen, unter anderem

Initale Verbesserung der Sauerstoffversorgung aufgrund Resorption des Lungenödems, jedoch weiter Abhängigkeit von mechanischer Beatmung mit hohem Minutenvolumen und schlechter Lungencompliance. Dominierung des klinischen Verlaufes durch die Komplikationen.

Späte exsudative und proliferative Phase: großer Totraum, hohes Minutenvolumen, gute PEEP-Antwort bei vermindertem alveolärem Kollaps; schlechte Antwort bei eingeschränkter Surfactant-Produktion.

Organisierung und Fibrose in der proliferativen Phase mit erhöhten Atemwegswiderstand, progressiver pulmonaler Hypertonie.

 

 
 Verlauf und Prognose
 

 

Entwicklung über 4 bis 48 Stunden, Persistenz für Tage oder Wochen. Subakute oder chronische Lungenzustände wie Sarkoidose oder idiopathische Lungenfibrosegehören nicht zum ARDS, auch wenn sie andere Elemente der Definition erfüllen können.

Stereotyper Verlauf mit längerer Notwendigkeit für mechanische Ventilation.

  1. Exsudatives Stadium: diffuser Alveolarschaden
  2. Proliferatives Stadium: nach einer Woche, Verschwinden des Lungenödems und Proliferation der Typ II Alveolarzellen, squamöse Metaplasie, interstitielle Infiltration mit Myofibroblasten, Ablagerung von Kollagen.
  3. Fibrotisches Stadium: nicht für alle Patienten, Obliteration der normalen Lungenarchitektur, diffuse Fibrose, Zystenbildung

Komplikationen der mechanischen Beatmung einschließlich Barotrauma, nosokomiale Pneumonie und Multiorganversagen; indirekt auch tiefe Beinvenenthrombose, gastrointestinale Blutungen, Malnutrition, Nebenwirkungen der sedierenden und muskelrelaxierenden Medikamente, katheterassoziierte Infektionen.

Barotrauma:
Prädisposition, da Gewebeschädigung, mechanische Beatmung, exzessive Tidalvolumina und -drücke. Gefahr des Makrobarotraumas (Pneumothorax, interstitielles Emphysem, subkutanes Emphysem, Pneumomediastinum, Pneumoperitoneum, selten Luft-Lungenembolie) und Mikrobarotraumas. Höhere PEEP-Level erhöhen das Risiko. Selten fatale Komplikation, jedoch Ursache für Morbidität. Diagnose schwierig. Bei Pneumothoax oft nur "deep sulcus sign" und erhöhte Transparanz basal. Aufgrund der Gefahr des Kompression der zentralen Venen und kardialem Schock sofortige Thorakotomie.

Sedierung und Muskelrelaxierung:
Die meisten ARDS-Patienten benötigen Sedierung und/oder Muskelrelaxantien, mit verlängerter Verwirrtheit und persistierender neuromuskulärer Schwäche einher gehen können. Zusammen mit Steroiden für das late-stage-treatment kann sich eine schwerwiegende Myopathie entwickeln.

Nosokomiale Infektionen:
Häufigkeit aufgrund schwieriger Diagnose unklar, jedoch signifikante Bedeutung für Morbidität und Mortalität. Lange Beatmung begünstigt ebenso wie epitheliale Schäden das Enstehen der Pneumonie.

verbesserte Mortalität (ca. 60% 1967-1981, ca. 35% 1990; 2007: 28-Tages-Mortalität 25-30% in Studien, 35-40% community-based) aufgrund verbesserter Intensivmedizin. Todesursache oft Grunderkrankung bzw. Multiorganversagen, seltener alleinige Lungenprobleme (16%). Langzeitüberlebende des ARDS zeigen meist nur geringe Störungen der Lungenfunktion und sind i.d.R. asymptomatisch.

Prognosefaktoren:
Schwere der initialen Hypoxämie, Compliance, PEEP-Bedarf und Röntgenbefund korrelieren schlecht mit Prognose (da die Todesursachen oft nicht in der Lunge liegen). Dagegen gibt der klinische Verlauf in den ersten Tagen (u.a. in Hinblick auf O^^2^^-Bedarf) einen Trend für den weiteren Verlauf. Risikofaktoren für Infektion und/oder Multiorganversagen korrelieren ebenfalls besser mit dem Verlauf als respiratorische Parameter. Übliche pathologische Prognoseparameter. Nachweis von Neutrophilen in der BAL deutet auf schlechte Prognose hin.

 

 

 
 Differentialdiagnosen
 

hämodynamisches Lungenödem aufgrund von Linksherzversagen oder intravaskulärer Volumenüberladung
oft schwierige DD, da radiographisch und klinisch ähnliches Bild. Swan-Ganz-Katheter: Kapillarverschlußdruck (Wedge) < 18 mmHg deutet auf akuten Lungenschaden hin. CAVE: schwere, aber transiente Myokardischämie kann zu normalem Wedge führen, ohne dass ein Lungenschaden vorliegt. Auch bei akuter Mitralklappenstenose.

Diffuse alveolare Hämorrhagien
wichtige DD bei der Kombination von Atemnot und unerklärbarem Aball des Hämoglobins. Hämoptysen können vor Intubation fehlen; bronchoskopischer Nachweis nach Intubation gelingt jedoch meist.

Akute interstitielle Pneumonie (Hamman-Rich-Syndrom)
selten, fulminanter Verlauf (Tage bis Wochen), ansonsten gesunde Patienten. Diagnose über Klinik und Biopsie (organisierender, diffuser Alveolarschaden). Auch Akute eosinophile Pneumonie, Hypersensitivitätspneumonitis und BOOP

Lungenkrebs: bei rapider Disseminierung (Lymphangitis carcinomatosa), v.a. bei Lymphomen oder akuten Leukämien

Veno-okklusive Erkrankungen

 

 
 Therapien
 

Beatmung i.d.R. notwendig für

  • Sauerstoffanlieferung (höheres FiO2 möglich, sobald möglich, zügige Reduktion auf untoxische Werte < 50-60%)
  • Übernahme der Atemarbeit (die aufgrund vergrößertem Totraum und verminderter Compliance erhöht ist)
  • Verminderung des venösen Rückflusses zum Herzen (PEEP vermindert den transvaskulären hydrostatischen Gradienten und damit die Ödembildung)
  • Rekruitment atelektatischer Lungenabschnitte (PEEP)

Aufgrund der erhöhten Gefahr des Makro- bzw. Mikrobarotraumas (siehe Komplikationen) bzw. einer VALI (Ventilator-assoziierter Lungenschaden) striktes Regime notwendig:

  • Beatmung mit niedrigem Tidalvolumen (6 ml/kg ideales Körpergewicht) und Plateaudruck < 30 cm H2O, mit oder ohne permissiver Hyperkapnie
  • drucklimitierte Beatmung scheint gegenüber der volumenlimitierten Beatmung Vorteile zu bringen - umstritten und whs. weniger bedeutsam als das Erreichen der Beatmungsziele
  • Verwendung von PEEP zur Verbesserung der Hypoxämie, Vermeidung von (zyklischen) Atelektasen (Recruitment) und vermindertes Shunting. Ideale PEEP-Höhe unbekannt. ARDS Network Study: minimal 14 cm H2O PEEP während der ersten 48 Stunden (high PEEP-Gruppe) hat gleiches Outcome wie low PEEP-Gruppe mit 8,3 cm H2O PEEP. Empfehlung: niedrigste PEEP-FiO2-Kombination (FiO2 < 0,6?, PEEP ca. 16 cmH2O), die ausreichende Sauerstoffversorgung (nach DO2 = 10 x Cardiac Output x (1,34 x Hb x SaO2 + 0,003 x PaO2)) gewährleistet.
  • Pflex - Druck-Volumen-Kurven (P-V-Kurven) zeigen die statische Compliance des respiratorischen Systems im Verlauf der Lungenaufblähung. Bei ARDS-Patienten kommt es im initialen Kurvenverlauf nur zu kleinen Volumenänderungen bei Druckzunahme, jedoch verbesserte Compliance bei größeren Volumina (initiale flache, dann steilere, später wieder flachere Kurve). Der Umschlagpunkt zwischen geringer und hoher Compliance wird "lower inflection point" oder Pflex genannt, der zwischen steilem und erneut flachen Verlauf analog "upper inflection point". Aufbläbhung jenseits des oberen Punktes führt zur alveolären Überdehnung, verminderter kardialer Füllung und beeinträchtigtem Sauerstofftransport.
    Versuch, Beatmungsdrücke (PEEP) so einzustellen, dass Tidalvolumen zwischen Pflex und unter dem "upper inflection point" liegt (theoretischer Vorteil: Vermeidung von zyklischen Atelektasen und Minimierung alveolärer Überblähung).
    Aufwändige Beatmung mit subjektiver und schwieriger Bestimmung der "inflection points"; kleinere Studien haben keinen Benefit für die Beatmung gebracht.
  • "Open lung"-Strategie (im Unterschied zum ARDS Network oft mit permissiver Hyperkapnie, CAVE bei erhöhtem Hirndruck, hämodynamischer Instabilität, Betablockertherapie) - Tidalvolumen < 6 ml/kg, PEEP 2 cmH2O über Pflex oder - falls Pflex nicht bestimmbar - PEEP von 16 cmH2O. "Driving pressure" (Plateaudruck minus PEEP < 20 cmH2O), Spitzendruck < 40 cmH2O. Ventilationsmodus durckkontrollierte inverse Ratio-Beatmung oder durchunterstützte Beatmung; Atemfrequenz < 30/min.
  • Recruitment-Maneuver - Bei Diskonnektierung des Patienten von der Beatmungsmaschine Recuitment-Manöver mit CPAP von 35-40 cmH2O für 40 Sekunden vor Rekonnektierung und PEEP erwägen - Bedeutung unklar
  • Extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO und extrakorporale CO2-Elimination (ECCO2R) - kein Benefit für Erwachsene, hohe Komplikationsrisiken; keine Empfehlung

1.

Behandlung anderer Erkrankungen, insbesondere Sepsis und Multiorganversagen

2.

Sedativa:
für die meisten Patienten notwendig, um mechanische Beatmung zu tolerieren und den Sauerstoffbedarf zu verringern. Verwendung von relativ günstigen, langwirksamen Benzodiazepine wie Lorazepam und Narkotika (zur Analgesie plus synergistische Effekte) wie Fentanyl oder Morphin. Selten Haloperidol und Propofol. Nach Klinik titrieren. Zur Prävention der hohen Morbidität mit langfristiger Sedierung sollten Techniken wie das routinemäßige tägliche Aufwecken der Patienten, vermeiden einer Dauerinfusion und Einsatz von entsprechenden Protokollen (beispielsweise unter Verwendung der Richmond Agitation-Sedation Scale, RASS) zum Einsatz kommen.

Muskelrelaxantien:
Einsatz nur bei inadäquaten Effekte durch ausschließliche Sedierung und zur Erleichterung schwierig zu tolerierender Beatmungsschema. Toxizität bei längerfristiger Anwendung berücksichtigen, insbesondere neuromuskuläre Schwäche auch nach Absetzen der Medikamente. Nur bei gleichzeitiger starker Sedierung verwenden. Beispielsweise Pancuronium (0,1 mg/kg Bolus, gefolgt von weiteren Boli falls notwendig) oder bei Nieren und/oder Leberversagen Cisatracurium (0,1 mg/kg, gefolgt von einer Infusion on 3 μg/kg und min).

3.

Ernährung:
kataboler Zustand der Patienten erfordert Ernährung. Falls möglich, enterale Ernährung vorziehen (niedrigere intravaskuläre Infektionen, weniger GI-Blutungen, Erhalt der enteralen Mukosabarriere). Überernährung vermeiden.

4.

Enge Kontrolle des Blutzuckers:
Einstellung zwischen 80 und 110 mg/dl soll Mortalität und Infektionen vermindern

5.

Nosokomiale Pneumonien:
bis zu 60% der Patienten, Morbidität deutlich erhöht. Zur Prophylaxe Kopfhochlagerung in 30° (insbesondere bei enteral ernährten Patienten). Schwierige radiologische Diagnose. Bronchoskopie (Brush: ab 10^3^ Kolonien, BAL ab 10^4^ Kolonien eines Organismus) anstreben. Empirische Therapie mit Penicillin plus β-Laktasmase-Inhibitor (z.B. Piperacillin Tazobactam 4,5 g i.v. q6h) und Ciprofloxacin (400 mg q12h). Ggf. Vancomycin (1 g i.v. q12h) oder Linezolid (600 mg i.v. oder p.o. q12h) bei Vd. auf MRSA. Dosen je nach hepatischer oder renaler Situation anpassen.

6.

Prophylaxe einer tiefen Venenthrombose:
Risikofaktoren: Immobilisation, Trauma, Aktivierung der Koagulation, prädisponierende Erkrankungen; bei Fehlen von KI daher niedrigdosiertes s.c. Heparin

7.

Prophylaxe einer gastrointestinalen Blutung
hohes Risiko bei beatmeten Patienten; Prophylaxe durch H2-Antagonisten wie Ranitidin als Mittel der 1. Wahl; Alternativen: Protonenpumpenhemmer, Antazida, Sucralfat.

8.

Prophylaxe von Druckulzera

9.

Flüssigkeitsmanagement
unklar, ob restriktiv oder liberal Benefit bringt

1.

Kortikosteroide
trotz suggestiver Pathologie kein Einfluß auf Mortalität

2.

Vasodilatatoren:

  • unselektive: Nitroprussid, Hydralazin
  • selektive: Nitritoxid (NO), Prostaglandin E1, Prostacyclin
  • verbessern Oxygenierung und pulmonalen Gefäßwiderstand; jedoch kein Benefit für Outcome (gezeigt für NO und andere) - keine routinemäßige Anwendung empfohlen

3.

Weitere Therapiemöglichkeiten ohne nachgewiesenen Benefit:

  • Surfactant
  • Ketokonazol (als Thromboxan A2-Inhibitor)
  • Ibuprofen
  • Interleukine
  • Inhibitoren der neutrophilen Elastase (Sivelestat = ONO 5046)
  • Antioxidanten wie Glutathion, Lisophyllin

 

 
 Referenzen
 

 

 

 

 

 

 
 Editorial
 

Tobias Schäfer

02.06.2004

 

Tobias Schäfer, 20.05.2007

 

RUDIMENT

Lizenz für freie Inhalte

 
 Kommentare
 
 
 

Verwandte Artikel

Akute Pankreatitis

Akute interstitiell...

Akutes Lungenödem

Eosinophilie

Hämoptysen

Idiopathische Lunge...

Leukozytose

Pneumonien

Pneumothorax

Sarkoidose

Sepsis

Tiefe Venenthrombos...