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Hypothyreose
 

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Autor

Tobias Schäfer
 

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 Einleitung
 

 

 

E03.9

Angeborene oder erworbene Störung des Stoffwechsels der Schilddrüsenhormone, verringerte Endorganwirkung der Schilddrüsenhormone, klinische Zeichen eines Schilddrüsenhormonmangels

 

 

 
 Epidemiologie
 

 

1 : 3.000 aller Neugeborenen [Koletzko 2000], 1 : 5.000 Neugeborene [Herold 2002] (angeborene Formen)

Manifestationsalter: Neugeborene, Kindheit (angeborene Formen)

 

F> M (2:1) (angeborene Formen)

 

Die angeborene Hypothyreose ist weltweit die häufigste Ursache für geistige Retardierung.

 

 
 Pathologie
 

angeborene / konnatale Formen:

  1. Schilddrüsenektopie am Zungengrund
  2. Schilddrüsenhypoplasie
  3. Schilddrüsenaplasie (Störung der Blutversorgung, zytotoxische mütterl. Antikörper, TSH-Binding Inhibitory Antibody TBIAb), Athyreose
  4. selten: Dyshormongenese
  5. extrem selten: Hormonresistenz durch T3-Rezeptordefekt
  6. Kretinismus (schwerer Iodmangel während der Schwangerschaft)

erworbene Hypothyreose:

  1. primäre Hypothyreose:
    • Kindesalter: lymphozytäre Thyreoiditis Hashimoto (atrophische Thyreoiditis), ev. im Rahmen eines polyglandulären Autoimmunsyndroms
    • iatrogen: nach Strumektomie, Radioiodtherapie, medikamentös (Thyreostatika, Lithium, Jod, Amiodaron, Cyanat)
    • Neugeborenes: Iodkontamination der Mutter in Schwangerschaft (Desinfektion, Kontrastmittel)
      Blockade der Schilddrüse durch Iod = Wolff-Chaikoff-Effekt
  2. sekundäre (hypophysäre) Hypothyreose:
    Ausfall des TSH bei Hypophysenvorderlappeninsuffizienz (Panhypopituitarismus)
  3. tertiäre (hypothalamische) Hypothyreose (sehr selten

 

 

Angeborene Formen: ca. 90% durch Entwicklungsdefekte der Schilddrüse (Dysgenesie, Hypoplasie, Aplasie, Ektopien), familiär oder sporadisch

 

 

 

 
 Diagnostik und Workup
 

 

Angeborene Formen:

  • Neugeborenenscreening am 5. Tag: TSH-Test
    gesetzlich vorgeschrieben, 1-2 Blutstropfen aus der Ferse auf Filterpapier getropft
  • bei TSH< 0,2 mIU/l Patient sofort klinisch untersuchen, fT3/4 und TSH aus Serum bestimmen und Hormonersatztherapie beginnen

Erworbene Formen:

  • TSH basal als Screeningtest
  • manifeste primäre Hypothyreose: fT4 vermindert, TSH basal erhöht, TSH nach TRH deutlich positiv, ggf. Struma
  • manifeste sekundäre Hypothyreose: fT4 vermindert, TSH basal vermindert, TSH nach TRH negativ, nie Struma, ev. andere Achsen (GnRH, ACTH) vermindert
  • latente Hypothyreose: fT3 und fT4 normal (ggf. tief normal), TSH basal und TSH nach TRH-Gabe hochnormal

 

1. Schilddrüsenszintigraphie

  • ev. Szintigraphie der Schilddrüse mit Tc, 123I, um Entwicklungsdefekte wie Dysgenesie oder Ektopie zu detektieren
  • stark verminderte oder fehlende Radionuklidspeicherung

2. Skelettröntgen (angeborene Formen)

  • basales Knochenalter
  • Verlangsamung des Knochenwachstums: Fehlen der distalen Femurepiphyse, Epiphyse mit multiplen Ossifikationsfoki (epiphysäre Dysgenesie)
  • Deformität ("Bruch") des 12. Brust- oder 1. Lendenwirbels
  • Knochenalterbestimmung im Kniegelenk

3. Schädelröntgen (angeborene Formen)

  • große vordere und hintere Fontanelle
  • seitliche Knochennähte sichtbar
  • vergrößerte Sella turcia +/- Erosionen und Knochenausdünnung

4. Herzecho: Kardiomegalie +/- Perikarderguß

5. Sonographie, ev. mit Feinnadelpunktion (bei Verdacht auf M. Hashimoto

Bradykardie, bei Perikarderguß: low voltage P, QRS, T Wellen

  • vermindertes T4, T3 und TSH siehe oben
  • Anämie
  • unkonjugierte Hyperbilirubinämie
  • bei Hashimoto ggf. Nachweis der Thyreoglobulinantikörper (TAK) und anti-TPO-AK (gg. thyreoidale Peroxidase)

 

Auslaßversuche: 2-4 Jahre, Pubertätsende

 

 

 

 
 Symptome und Befunde
 

A N G E B O R E N E   F O R M

meist unauffällig, da mässige transplazentare Passage von mütterlichem T4 (kann bis zu 25-50% der normalen fetalen Spiegel erreichen)

  • infantile Hypotonie
  • fehlendes Weinen ("brave Kinder")
  • statomotische und geistige Entwicklungsverzögerung
  • uninteressiert, Bewegungsarmut, Somnolenz
  • Trinkfaulheit, Apathie
  • Hypothermie
  • ev. abgeschwächte Muskeleigenreflexe
  • später: Schwerhörigkeit, Sprachstörung

  • Apnoe
  • Würgeanfälle beim Füttern
  • nasale Obstruktionen
  • lautes Atmen
  • ARDS

Kardiomegalie: Herzgeräusche, Bradykardie

  • Carotinämie
  • rauhes, sprödes, schütternes, struppiges Haar
  • kühle, teigige, trockene, schuppende Haut
  • tiefe, rauhe Stimme
  • genitale und periphere Ödeme
  • niedriger Haaransatz
  • Myxödem

  • normales Körpergewicht bei Minderwuchs
  • normale oder vergößerte Kopfgröße
  • breite, kurze Finger
  • Pseudohypertrophie
  • kurze Extremitäten, kurzer, dicker Hals
  • Zahndurchbruch sehr spät
  • große Fontanellen

Struma

E R W O R B E N E   F O R M

1.

körperlicher und geistiger Leistungsabfall, Müdigkeit, Antriebsarmut, Verlangsamung, reduzierte Mimik, verlängete Muskeleigenreflexzeiten

2.

Kälteempfindlichkeit

1.

trocken, kühl, blass, schuppig, teigig

2.

trockes, brüchiges, struppiges Haar

3.

ev. generalisiertes Myxödem mit Gewichtszunahme, ev. periokuläre muzinöse Ödeme

4.

rauhe, heisere Stimme

1.

GIT: Obstipation, Aszites

2.

Kardiologie: Bradykardie, Kardiomegalie, digitalisrefraktäre Herzinsuffizienz, Perikarderguß

3.

Arteriosklerose bei Hypercholesterinämie

4.

ev. Myopathien

5.

ev. Zyklusstörungen, Störungen der Spermatogenese, Infertilität, erhöhte Abortrate

sehr selten, hohe Letalität

1.

Hypothermie (oft ist Rektaltemperatur nicht meßbar)

2.

Hypoventilation mit CO^^2^^-Retention (Hyperkapnie)

3.

Hypotonie, Bradykardie

4.

Myxödematöse Hautveränderungen

 

 
 Verlauf und Prognose
 

 

 

 

bei früher Behandlung vollkommen normal, bei später Diagnose läßt sich der Kleinwuchs gut beeinflussen; die Hirnschäden sind jedoch irreversibel und führen zu einer geistigen Entwicklungsverzögerung

 

 

 
 Differentialdiagnosen
 

Low T3-/Low-T4-Syndrom: bei intensivpflichtigen Patienten können fT3 und fT4 erniedrigt sein,, während - im Unterschied zur Hypothyreose - r-T3 (reverses T3) erhöht ist. Die Patienten werden als euthyreot angesehen und nicht substitutiert.

 

 
 Therapien
 

so früh wie möglich (mit Beginn des positiven Screening-Testes, nicht Bestätigungstest abwarten, lebenslang

L-Thyroxin p.o. 50 µg/d, nach Normalisierung des TSH 10-15 µg/kg; im Kindesalter 70-120 µg/m^2^. Andere Empfehlungen: 6 μg/kg p.o. initial.

Enge Überwachung: 3. Monat, 6. Monat, dann alle 6 Monate. Bestimmung von TSH, fT3/4, Wachstumsparameter; später jährliche klinische Überwachung des Knochenwachstums. Mit 8-9 Monaten und zur Einschulung vollständige klinische Untersuchung mit Hörtests. Lebenslange Überwachung.

Dauersubstitution mit L-T4, regelmässige Kontrolluntersuchungen

je ausgeprägter die Hypothyreose, desto langsamer Einleitung der Substitution. Initial 25 - 50 μg/d, monatliche Erhöhung um 25 μg/d. Erhaltungsdosis 1,5 - 2,0 μg/kg KG/d.

Individuelle Dosisfindung nach Klinik und basalem TSH-Wert (bzw. TRH-Test)

Therapie bei Schwangerschaft

Intensivstation, Sicherung der Vitalfunktionen, Zufuhr von Steroiden, Glukose, LT3 oder LT4, ggf. Wiedererwärmung

 

 
 Referenzen
 

Koletzko 2000, S. 213-215.

Pedbase

Herold 2002, S. 613-615

 

 

 

 

 
 Editorial
 

Tobias Schäfer

30.10.2002

Niels Halama (Editor)

Till Spranger, 18.10.2004

 

PRELIMINARY

Lizenz für freie Inhalte

 
 Kommentare
 
 
  Till Spranger schrieb am 18.10.2004 um 22:41 Uhr:
 

Sehr gut gelungen - ausführlich!
Hab ein paar Sachen korrigiert.
Till

 
  Till Spranger schrieb am 18.10.2004 um 22:42 Uhr:
 

Sehr schöner Artikel!

 
 

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