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Kindesmisshandlung
 

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Autor

Wibke Janzarik
 

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 Diagnostik und Workup
 

Verdachtsmomente:

  • Verhalten beim ersten Arztkontakt
  • verspätete Vorstellung des Kindes bei gravierenden Verletzungen
  • dringliche Vorstellung bei geringfügig erscheinenden Problemen
  • häufige Arztbesuche auch bei wechselnden Ärzten/Kliniken
  • das Kind wird trotz deutlicher Verletzungsspuren wegen anderer, oft geringfügiger Beschwerden vorgestellt
  • es gibt keine plausible Erklärung für Verletzungen
  • es gibt unterschiedliche Erklärungen durch verschiedene Personen
  • es besteht eine Diskrepanz der geschilderten Verletzungen, Vergiftungserscheinungen oder Verhaltensweisen zum Entwicklungsstand des Kindes

Leitsymptome mißhandlungstypischer Verletzungen:

  • Hämatome
    • an untypischer Lokalisation, z.B. Abdomen, Rücken, Halsbereich, Wangen, Ohrmuschel, Genitalbereich, Innenseite der Extremitäten
    • ungewöhnlich für den Entwicklungsstand des Kindes
    • untypisch für den geschilderten "Unfall"-Hergang
    • mit untypischer Form (Griffmarken, Striemen, streifige Läsion, Abdrücke von Gegenständen, Bißmarken)
  • Immersionsverbrühungen (z.B. durch heißes Brausewasser)mit typischem Verteilungsmuster (symmetrisch, Beugefalten ausgespart, Rücken und Gesäß betroffen
  • Kontaktverbrennungen mit typischem Verletzungsmuster (Fingerkuppen ausgespart, Muster durch Zigaretten, Bügeleisen usw.)
  • Fesselmarken
  • Kneif-, Kratz- und Bißspuren
  • Knochenbrüche
  • Multiple Frakturen ohne plausiblen Unfallmechanismus
  • Frakturen unterschiedlichen Alters
  • Quer- und Spiralbrüche von Femur, Humerus, Tibia und Fibula bei jungen Kindern
  • Luxation des Schulter- und Hüftgelenkes
  • Epiphysenlösung
  • Rippenfraktur
  • Sternum und Skapula Frakturen
  • Metaphysäre Absprengungen an den langen Röhrenknochen
  • Subperiostale Einblutungen mit nachfolgender Hyperostose
  • Subdurale Hämatome bei jungen Kindern mit nicht plausiblem Unfallhergang in Verbindung mit Frakturen (battered child-Syndrom)
  • Subdurale Hämatome in Verbindung mit retinalen Blutungen und geringen äußeren Verletzungszeichen (Schütteltrauma des Säuglings)
  • Subdurale Ergüsse bei rezidivierenden minimalen Schütteltraumen
  • Abdominelle Verletzungen wie bei stumpfen Bauchtraumen
  • Augenverletzungen mit Monokelhämatom
  • Subkonjunktivale Blutungen
  • Linsenluxation
  • Verletzungen im HNO-Bereich
  • Lippenhämatome
  • Einriß des Zungenbändchens
  • Schleimhauteinblutungen
  • Trommelfellriss
  • Nachweis von Spermien
  • Gonorrhoe, Syphilis und HIV bei Kindern jenseits des Neugeborenenalters
  • Auffällige Befunde im Genital- oder Analbereich bei Fehlen einer schlüssigen Vorgeschichte oder eines Unfallgeschehens
  • Gesicherte Infektion mit Chlamydien, Herpes genitales, Trichomonaden oder Hepatitis B beim präpubertären Kind (nur möglicher Hinweis)
  • Schwangerschaft bei einem weniger als 16 Jahre alten Mädchen
  • eventuell unspezifische körperliche Symptome und Befunde wie Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Schwindel

Der Verdacht auf Gewalt gegen Kinder sollte erhärtet oder widerlegt werden. Es gilt:

  • Beschreiben statt erklären (Begriff "Krafteinwirkung" verwenden statt "Gewalteinwirkung")
  • Warten mit Wertung bis zum Abschluss aller notwendigen Untersuchungen
  • es gilt die Unschuldsvermutung bei gleichzeitiger Sicherstellung des Kindeswohls
  • Das ärztliche Vorgehen mit professionellen oder institutionellen Standards begründen

Vorgehensweise bei V.a. Kindesmisshandlung:

  1. Abklärung, ob eine weitere Gefährdung des Kindeswohles besteht
    • wenn ja: stationäre Aufnahme und Abklärung, ob Inobhutnahme erforderlich
    • wenn nein: Abklärung, ob stationäre Aufnahme medizinisch notwendig
      • wenn nein: Dokumentation vollständig abschließen und Entlassung ggf. mit Hilfemaßnahmen
      • wenn ja: Abklärung, ob Erziehungsberechtigter mit stationärer Aufnahme einverstanden, dann Aufnahme, Dokumentation und im Verlauf Entlassung ggf. mit Hilfestellung;
        sonst Dokumentation vollständig abschließen und entweder Entlassung gegen ärztlichen Rat oder Inobhutnahme

Unmittelbar nach Auftreten eines Verdachts auf Kindesmisshandlung:

  • Dokumentieren, von wem und warum der Verdacht erstmals geäußert wurde
  • Informieren des Oberarztes und des Kinderschutzteams der Klinik
  • ggf. Rücksprache mit einweisendem Arzt

Ausgeschlossen werden müssen andere medizinische Ursachen für auffällige Befunde wie z.B. eine Blutungsneigung, Unfälle, Verletzungen durch andere Ursachen.

  • Der Patient muss zur Untersuchung völlig nackt sein
  • Dokumentation aller äußeren Zeichen auf einem Ganzkörperschema
  • Wenn notwendig, Abstriche machen:
    1. Anfertigung: verdächtige Spuren werden mit einem sterilen, ggf. mit NaCl angefeuchteten Watteträger abgenommen
    2. Lagerung: Zum Trocknen und Verpacken in Briefumschlag o.ä. geben, mit Lokalisation der Spurenabnahme und Etikett beschriften
  • Bei Verletzungen im Genital- oder Analbereich nach Rücksprache mit Kinderschutzteam gynäkologisches Konsil anfordern
  • fotographische Dokumentation der Zeichen
    1. Zeichen im Kontext des Körpers zur späteren Größenvermessung
    2. Zeichen im Detail, zur späteren Auswertung

Leitlinien für Bildgebende Diagnostik der Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie:
Besteht anhand eines Lokalbefundes in der Bildgebung ein hinreichender Verdacht auf ein Battered-child-Syndrom, ist eine Erweiterung der bildgebenden Diagnostik zum Schutz des Kindes erforderlich: Diese muß weitere, insbesondere im Bereich des ZNS gelegene Verletzungsfolgen erfassen, um therapeutische Maßnahmen rechtzeitig einleiten zu können. Darüber hinaus sind typische, auf eine Mißhandlung hinweisende Verletzungsmuster insbesondere im Bereich des Skeletts präzise darzustellen, die zur Beweisführung herangezogen werden (forensische Indikation), um einen zukünftigen Patientenschutz zu ermöglichen.

  • 0 - 2 Jahre:
    • Lokale Schwellung z. B. Fraktur, leere Anamnese, inadäquates Trauma:
      • Röntgen: betroffener Skelettanteil, Skelettstatus*
      • Ultraschall: Schädel, Orbita, Abdomen
      • MRT: Hirn
      • wenn Kindesalter >1 Jahr evtl. Szintigraphie
    • Schädelhirntrauma ohne neurologische Symptome:
      • Röntgen: Skelettstatus*
      • CT/MRT: Hirn
      • Ultraschall: Abdomen
      • Augenhintergrund
    • Schädelhirntrauma mit neurologischen Symptomen:
      • Röntgen: Skelettstatus*
      • CT/MRT: Hirn
      • Ultraschall: Abdomen
      • Augenhintergrund
    • Viszerales Trauma:
      • Ultraschall: Abdomen (evtl. CT + KM Abdomen)
      • Röntgen: Skelettstatus*
      • MRT Hirn
    • über 5 Jahre + neurolog. Symptome:
      • CT/MRT: Hirn
      • Ultraschall: Abdomen
      • Röntgen (Skelett): nur klinisch auffällige Anteile
Skelettstatus*:
  • Schädel a. p. u. seitl.
  • Thorax a. p. (knöchern)
  • BWS/LWS seitl.
  • Beide Arme a. p.
  • Beide Beine a. p.
  • Beckenübersicht a.p.
  • Hände und Füße zusätzlich seitl. bei verdächtigem Befund

  • Bei schwerer Vernachlässigung und bei unklaren Misshandlungsfragestellungen klärt das allgemeine Laborscreening entsprechende Vitalparameter ab.
  • Bei Vergiftungsverdacht oder dem Verdacht der Beeinflussung durch Alkohol oder Drogen müssen entsprechende toxikologische Untersuchungen durchgeführt werden.

Sichtbare Misshandlungsspuren sowie der Allgemeinzustand sollen wegen der eventuellen forensischen Relevanz möglichst gut nachvollziehbar fotografisch und schriftlich dokumentiert werden. Spermaspuren etc. müssen asserviert und einer genetischen Untersuchung zugeführt werden.

 

 

 

 

 

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