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Medicle Datenbank: Allgrove-Syndrom
 

 Einleitung
 

Triple-A-Syndrom

Achalasie-Addison-Alacrimie-Syndrom

4A-Syndrom

familiäre Glukokortikoiddefizienz, Typ 2

Achalasie-Addison-Alacrimie-Autonome Neuropathie-Syndrom

Kombination von Achalasie, Nebenniereninsuffizienz (Morbus Addison), ggf. gestörte Tränenproduktion, ev. Hyperpigmentation. Normale Aldosteronfunktion, adäquate Antwort auf niedrige Salzeinnahme.

 

 
 Epidemiologie
 

unbekannt, nur einzelne Familien bekannt

Manifestationsalter: variabel, Neugeborenes - junges Erwachsenenalter (milde Formen); Alacrimie in früher Kindheit, Achalasie ab 6. Monat oder Erwachsenenalter. Glukokortikoidabhängigkeit ab 2. Dekade.

M = F

unbekannt, weltweite Berichte

 

 
 Pathologie
 

autosomal-rezessiv

Kosanguinität, Geschwister mit Erkrankung

autosomal-rezessiv, Risiko für jedes Kind: 25%

möglicher Locus: 12q13 (in der Nähe des Keratin II - Clusters)

unbekannt, möglicherweise progressiver Verlust der cholinergen Funktionen

bisher keine Mutationen bekannt. Überprüfte Kandidaten sind ACTH-Rezeptor (Mutationen bei Typ I FGD), Vasoactive intestinal polypeptide (VIP), VIP-1-Rezeptor, pituitary adenylate cyclase activating peptide, Neurotrophin-3.

Tränendrüsenbiopsie: Nachweis einer neuronalen Degeneration im EM, Depletion sekretorischer Granula in den Azinuszellen, sekundäre Keratopathie in der Begal-Färbung. Histologie der Nebennieren unbekannt.

Erstbeschreibung durch Allgrove 1978 mit Bezug auf Publikationen von Kelch und Counahan

 

 
 Diagnostik und Workup
 

Autonomes Nervensystem:

  • Kipptischuntersuchung, verminderte Pulsvariabilität
  • Pupillometrie: Nachweis einer Anisokorie und verlangsamter Kontraktion

Ophthalmologische Untersuchung für Tränenmangel:

  • Schirmer-Test (semiquantitativ) < 10 mm
  • Spaltlampe mit Fluoresceinfärbung zum Nachweis sekundärer Korneaschäden

Neurologische Untersuchung:

  • kompletter Status, Entwicklungsuntersuchung
  • Palatopharyngeale Störungen, sensorische Ausfälle, Ataxie, Muskelschwäche und andere

bei neurologischen Problemen Schädel-CT oder MRT; Nachweis der adrenalen Atrophie im Abdomen-CT

Nachweis der Achalasie: Barium-Ösophagographie (dilatierter Ösophagus mit minimaler Peristaltik), Manometrie und Endoskopie

Baseline-ACTH, Baseline-Cortison, ACTH-Stimulationstest, Serumelektrolyte (selten Nachweis einer Mineralokortikoiddefizienz), normale Very-long-chain-Fettsäuren (Ausschluß Adrenoleukodystrophie), fehlende Nachweis adrenaler Antikörper (sonst Morbus Addison ausschließen)

Glukose, Protein, Zellzahl, Kultur

Brainstem auditory evoked response (BERA): Nachweis oder Ausschluß einer assoziierten Hörstörung

 

 
 Symptome und Befunde
 

oft als primäre Nebenniereninsuffizienz mit hypoglykämen Krämpfen und Schock, selten wegen rekurrierendem Erbrechen, Dysphagie oder okulären Symptomen

langes, dünnes Gesicht mit langem Philtrum, schmaler Oberlippe, nach unten gerichteter Mund

häufig Mikrozephalie (unklar, ob primär oder sekundär aufgrund rezidivierender Hypoglykämien)

1.

konjunktivale Injektion und Irritation; Nachweis einer Keratokonjunktivitis punctata oder kornealer Ulzera mittels Spaltlampe

2.

Alacrimie im Schirmer-Test, "Weinen ohne Tränen"

Störungen des autonomen Nervensystems: verminderte respiratorische Arrhythmie und Fehlen einer Valsalva-Antwort, orthostatische Hypotonie

Achalasie: Erbrechen, Aspiration, Pneumonitis

1.

Hyperpigmentierung häufig, jedoch seltener als bei anderen Formen der primären Nebenniereninsuffizienz

2.

Hyperkeratose, feine Fissurenbilder der Palmae der Hände

variabel, häufig sind Hyperreflexie, Dysarthrie, hypernasale Sprache mit palatopharyngealer Imkompetenz, Ataxien, Entwicklungsverzögerungen, progressivem Nervenzellverlust, parkinsonoide Symptome

 

 
 Verlauf und Prognose
 

Gefahr der unentdeckten Addison-Krise => hypoglykämische Krämpfe bei Glukokortikoidmangel

Keratopathie und Ulzera aufgrund der Alacrimie

Achalasie: Erbrechen, Regurgitation, Aspiration => Pneumonitis, chronische Lungenentzündungen, Tod

Autonome Neuopathie: milde mentale Retardierung, Entwicklungsverzögerungen, Ataxien, Muskelschwäche; auch progressiv; hypoglykämische Krämpfe

Nebenwirkungen einer Glukokortikoidtherapie: Überdosierung führt zu Minderwuchs und Morbus Cushing, Unterdosierung erhöht die Gefahr der Addison-Krise mit Hypotonie, Hypoglykämie und mgl. Tod

bei effektiver Behandlung normale Lebenserwartung und Reproduktionsfähigkeit. Ev. Entwicklung eines Parkinsonismus im Verlauf.

 

 
 Differentialdiagnosen
 

Hypoplasie der Nebennieren, Nebenniereninsuffizienz, familiärer Glukokortikoidmangel

Adrenoleukodystrophie

siehe auch DD der Achalasie, der Alacrimie

 

 
 Therapien
 

1.

Ersatz der Glukokortikoide zur Vermeidung von Addison-Krisen und Ermöglichung eines normalen kindlichen Wachstums; enge Überwachung der Wachstumskurven indiziert; Anpassung der Steroiddosis in Streßsituationen; Patientenschulung und -ausweis

Erwachsenendosis: 10-15 mg morgens, 5-10 mg früher Nachmittag; bei Stress auch 3. Dosis; Kinder: 10-15 mg/m^2^/d, aufgeteilt auf 3 Einmaldosen; Anpassung bei leichter Erkrankung: Verdoppelung der Dosis, bei hohem Fieber Verdreifachung; bei OP oder Trauma: Gabe der bis zu 10fachen Dosis, auch i.v., ca. 100 mg/m^2^/d

2.

bei Erwachsenen Ersatz des Hydrocortison durch Prednison oder Dexamethason möglich

1.

operative Korrektur (pneumatische Dilatation, anteriore Cardiomyotomie = modifizierte Heller-OP); Anpassung der Steroide!

2.

Refluxkontrolle (Kopfhochlagerung, vorsichtige Fütterung), Aspirationsausschluß; medikamentöse

1.

regelmäßiger künstlicher Tränenersatz, jährliche ophthalmologische Kontrolle

2.

operativer Verschluß des Punctum lacrimale

 

 
 Referenzen
 
 
 Editorial
 

Tobias Schäfer

26.09.2004

Niels Halama (Editor)

Helmar Weiss, 17.11.2004

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