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Akute intestinale Pseudoobstruktion
 

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Autor

Wibke Janzarik
 

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 Einleitung
 

Akute Pseudoobstruktion des Kolons

Ogilvie-Syndrom

acute colonic pseudoobstruction

 

Akute Dilatation des proximalen Dickdarms (Caecum, rechtes Hemikolon, selten Ausdehnung bis Rektum) ohne anatomische Passagebehinderung.

 

 

 
 Epidemiologie
 

 

 

v.a. Patienten >60J.

 

M > W

 

 

 
 Pathologie
 

Tritt in 95% der Fälle im Rahmen einer anderen internistischen oder chirurgischen Grunderkrankung auf.

Eine retrospektive Studie mit 400 Fällen ergab als die drei häufigsten zugrundeliegenden Erkrankungen Trauma (11%), Infektion (10%) und Herzerkrankung (10%), siehe Vanek 1986.

Bei dem Patientengut einer anderen retrospektiven Studie war ein Trauma von Wirbelsäule oder Retroperitoneum vorangegangen (52%), bzw. ein herz-/thoraxchirurgischer Eingriff in 20% (jedoch nur 0.06% der kardiochirurgischen Patienten entwickeln ein Oglivie-Syndrom), siehe Jetmore 1992.

Elektrolytverschiebungen (insb. Hypokaliämie, Hypokalzämie, Hypomagnesiämie) spielen in etwas der Hälfte der Fälle eine Rolle, sind jedoch nur in ca. 5% die alleinige Ursache.

 

Unklar. Da ein klinischer Zusammenhang mit retroperitonealer bzw. spinaler Schädigung besteht, wird eine Affektion des autonomen Nervensystems vermutet. Insb. Schädigung von parasympathischen Fasern S2 bis S4 führen zu funktioneller proximaler Obstruktion, doch ist in vielen Fällen keine Schädigung des Parasympathikus zu eruieren.

 

 

Erstbeschreibung durch Ogilvie 1948:
Es handelte sich bei den beiden vorgestellten Fällen um Patienten mit einem malignen Retroperitonealtumor als Grunderkrankung.

 

 
 Diagnostik und Workup
 

 

Die Diagnose Pseudoobstruktion kann erst nach Ausschluss einer mechanischen Ursache gestellt werden.

Abdomen tympanitisch, Darmgeräusche vermindert, doch in 90% vorhanden. In frühen Stadien keine peritonitischen Zeichen, wenn vorhanden, dann Hinweis auf drohende Perforation.

Röntgen-Abdomen im Stehen:
Dilatation des Kolons, oft vom Caecum bis zur splenischen Flexur, selten bis zum Rektum. Evtl. Spiegelbildung, dies jedoch eher Hinweis auf mechan. Obstruktion (Ausschluss durch Koloskopie oder vorsichtige Darstellung mit wasserlöslichem Kontrastmittel).

Elektrolytbestimmung:
evtl. Hypokaliämie, Hypokalzämie oder Hypomagnesiämie.
Evtl. Leukozytose im Rahmen einer zugrundeliegenden Infektion oder bei drohender Perforation, jedoch nicht bei unkomplizierter Pseudoobstruktion.

 

 

 

 

 

 
 Symptome und Befunde
 

geblähtes Abdomen, evtl mit sekundären Atembeschwerden.

Übelkeit, Erbrechen, abdominelle Schmerzen, Obstipation, evtl. Diarrhoe

 

 
 Verlauf und Prognose
 

 

Verlaufsbeobachtung mit täglichen Röntgen-Abdomen-Aufnahmen, zur Beurteilung des Kolondurchmessers und Reevaluation der Situation:
chir. Eingriff notwendig?

 

Bei Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung gut.

 

 

 
 Differentialdiagnosen
 

Tenesmen (bei älteren Patienten oder entsprechender Schmerzmedikation evtl. nicht vorhanden), Spiegelbildung (Röntgen-Abdomen), "cut-off-sign" (Keine Gase in distalem Kolon oder Rektum).

schwerkranke Patienten mit Fieber, Tachykardie, weichem Abdomen. Anamnestisch meist blutige Diarrhö oder chron. inflammat. Darmerkrankung. In der Abdomenaufnahme evtl. "Thumbprinting" (submuköses Oedem oder Verdickung der Kolonwand). Diagnostik mit flexibler Sigmoidoskopie.

 

 
 Therapien
 

Ausschaltung möglicher ursächlicher Faktoren, d.h. Behandlung der Grunderkrankung (z.B. Infektion oder Herzinsuffizienz), Nahrungskarenz, Elektrolytausgleich, nasogastrische Sonde (intermittierend Absaugen), evtl. rektale Sonde zur Drainage, Absetzen aller überflüssiger Medikamente (insb. Narkotika, Sedativa, Medik. mit anticholinergem Effekt).

a)

Neostigmin (ACh-Esterase-Hemmer):
prompte kolische Dekompression innerhalb von Minuten.
NW: moderate Bauchkrämpfe, evtl. Hypersalivation, Erbrechen, Bradykardie (Atropin bereithalten). Kreislaufüberwachung notwendig zur Kontrolle hämodynamischer Effekte (Risiko erhöht bei vorausgehenden Bradyarrythmien oder B-Blockern). Zur Verminderung der NW wird eine niedrigere Dosierung (1.5 mg i.v.) empfohlen.

b)

Erythromycin (bindet an Motilinrezeptoren in der Darmwand und stimuliert Kontraktion der glatten Muskulatur):
Verabreichung entweder 250 mg in 250 ml physiol. NaCl-Lösung alle 8h für 3 Tage i.v. oder 250 mg 4x/Tag für 10 Tage oral.

c)

Cisaprid:
Effekt schlecht untersucht. Gabe von 10 mg i.v. alle 4h (4x), dann 10 mg p.o. 3x tgl (!proarrythmisches Medikament).

Entweder Dekompression durch Koloskopie oder (in Ausnahmefällen) durch perkutane Caecostomie. Es gibt keinen festen Wert für den Kolondurchmesser, ab dem ein Koloskopie durchgeführt werden sollte; die Rate der Veränderung ist wichtiger als der absolute Durchmesser. Koloskopische Dekompression ist i.a. indiziert, wenn der Durchmesser auf 11 bis 13 cm zunimmt oder eine klinische Verschlechterung eintritt. Koloskopie wird ohne die normalerweise erforderliche Vorbereitung durchgeführt, evtl. kann vorsichtig ein Wassereinlauf appliziert werden, was jedoch oft nur zu wenig Stuhlabgang führt, da die propulsive Peristaltik gestört ist. In etwa 40% ist eine wiederholte koloskopische Dekompression erforderlich. Dies kann evtl. durch die Anlage eines Schlauches über einen endoskopisch eingeführten Führungsdraht verhindert werden.

selten notwendig, bei Versagen der obengenannten Therapieversuche bzw. bei peritonitischen Zeichen oder Perforation. Ist noch keine Perforation eingetreten, kann eine rechtsseitige Hemikolektomie durchgeführt werden, selten Indikation zu einer totalen Kolektomie und Ileostomie.

Guidelines der American Society for Gastrointestinal Endoscopy (ASGE), siehe auch Eisen 2002: 1) Ausschluss einer mechanischen Obstruktion 2) Konservative Behandlung: Ausschalten von Risikofaktoren, Nahrungskarenz, nasogastrale Sonde, spezielle Lagerung. 3) Nach 24 bis 48h ohne klinische Besserung oder bei extremer Distension des Kolons (>12cm) Gabe von Neostigmin, wenn mögliche Perforation. 4) Bei KI oder erfolgloser Behandlung mit Neostigmin wird eine koloskopische Dekompression durchgeführt. 5) Bei Therapieversagen chirurgische Dekompression.

 
 Referenzen
 

Harrison 2001

Camilleri 2003

Ogilvie 1948

Eisen 2002

Vanek 1986

Jetmore 1992

 

 

 
 Editorial
 

Wibke Janzarik

25.05.2004

Helmar Weiss (Editor)

Andreas Stefan Welker, 03.06.2004

 

PRELIMINARY

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 Kommentare
 
 
  Andreas Stefan Welker schrieb am 06.07.2004 um 10:32 Uhr:
 

Sehr schöner Artikel. Ich frage mich nur, ob er nicht als "akute intestinale Pseudoobstruktion" eingeordnet werden sollte, da "Ogilvie-Syndrom" heute als Name nicht mehr so gebräuchlich ist. Ansonsten blieb nichts für mich zu tun. :-)

 
 

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