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Hämochromatose
 

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Auf einen Blick
 

Autor

Julia Zimmer
 

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 Einleitung
 

 

hemochromatosis

 

aufgrund verschiedener Gendefekte (klassisch = Typ I: Aufhebung des Darmmucosablockes) kommt es zu einer Überladung des Körpers mit Eisen und konsekutiver Ablagerung

4 Formen:

  • Typ I: HFE-bedingte hereditäre Hämochromatose
    häufigste Form in Europa
  • Typ II: Juvenile hereditäre Hämochromatose
  • Typ III: TfR2-bedingte hereditäre Häochromatose
  • Typ IV: Ferroportin-bedingte Eisenüberladung

 

 
 Epidemiologie
 

 

1:150-200, geringe Penetranz, aufgrund von modifier genes (nur 1-10% der Homozygoten erkranken)
Homozygotie für C282Y ca. 5:1.000 Personen nordeuropäischer Abstammung (damit Prävalenz 10x so hoch wie die der cystischen Fibrose)

Manifestationsalter:
Typ I, III, IV: 4. oder 5. Dekade
Typ II (A und B): 2. oder 3. Dekade

 

Männer höheres Risiko, da kein Eisenverlust durch Menstruation; Frauen v.a. erst ab der Menopause

 

 

 
 Pathologie
 

 

 

autosomal-rezessiv (Typ I, IIA, IIB, III), autosomal-dominant (Typ IV)

Typ I: 6p21.3, Gen: HFE; assoziiert mit HLA-A*3
Funktion: Interaktion mit Transferrin-Rezeptor 1, wahrscheinlich Erleichterung der Aufnahme von Transferrin-gebundenem Eisen; ev. Modulation der Hepcidin-Expression

Typ IIA: 1q21, Gen: HJV (ursprünglich HFE2) = Hemojuvelin
unbekannt; ev. Modulation der Hepcidin-Expression

Typ IIB: 19q13.1, Gen: HAMP = Hepcidin
Down-Regulation der Eisenfreisetzung durch Enterozyten, Makrophagen und Plazentazellen

Typ III: 7q22, Gen: TfR2 = Transferrin-Rezeptor 2
wahrscheinlich Aufnahme von Eisen durch Hepatozyten

Typ IV: 2q32, Gen: SLC40A1 = Ferroprotin = iron-regulatory protein, metal-transporter protein
Export von Eisen aus Enterozyten, Makrophagen, Plazentazellen, Hepatozyten

Modell "Crypt-programming":
Undifferenzierte Zellen der duodenalen Krypten, die keinen Kontakt zum Nahrungseisen besitzen, nehmen für ihr Wachstum benötigtes Eisen aus dem Blutstrom via Transferrin-Rezeptor Typ I (TfR I) auf. Diese Eisenaufnahme wird - in Abhängigkeit von der Eisensättigung des zirkulierenden Transferrin - durch eine Interaktion des TfRI mit HFE moduliert. Der zelluläre Spiegel an Eisen "programmiert" die Eisenaufnahme der reifen, absorbierenden Enterozyten, die sich aus diesen Zellen entwickeln, whs. durch eine Modulation der Aktivität spezialisierter luminaler (divalent metal transporter, DMT1) und basolateraler (Ferroportin) Eisentransporter. Normal programmierte Tochterzellen absorbieren nur wenig Nahrungseisen aus dem intestinalen Lumen, transportieren nur den notwendigen Anteil zum Ersatz des Eisenverlustes ins Plasma und speichern den Rest als Ferritin.
Nach diesem Modell führt mutiertes HFE, das nicht mehr mit dem TfRI interagieren kann, zu eisendepletierten Kryptenzellen. Diese Zellen werden so programmiert, dass sie auf den Eisenmangel mit einem kontinuierlichen, vom Eisenstatus unabhängigen Transport des Eisens ins Plasma reagieren.

Modell "Hepcidin":
Der Eisenausstrom ins Plasma hängt weitgehend von der Hepcidin-Aktivität ab: Bei hohem Plasmaeisenspiegel nimmt die Synthese von Hepcidin zu, was die Freisetzung von Eisen aus Enterozyten und Makrophagen, whs. durch Interaktion mit Ferroportin, hemmt. Bei niedrigem Eisenspiegel dagegen wird die Hepcidin-Synthese vermindert; damit können diese Zellen Eisen freisetzen. HFE spielt bei der Regulation der Hepcidin-Synthese auf unbekannte Art und Weise eine Rolle; mutiertes HFE führt zu einer Hochregulation der Hepcidin-Expression der Hepatozyten und damit zu einer unkontrollierten Freisetzung von Eisen aus Enterozyten und Makrophagen.

Typ I: Mutationen im HFE-Gen, überwiegend Einzelbasentausch C282Y (wahrscheinlich keltischen Ursprungs, evolutionärer Vorteil: Schutz vor Eisenmangel und bestimmten Infektionskrankheiten), durch den Ersatz des Cysteins durch Tyrosin keine Disulfidbrücke und Assoziation mit β2-Mikroglobulin mehr, Signal des Eisenbedarfs gestört

Andere Mutationen im HF: H63D (eingeschränkte klinische Manifestation), Heterozygote C282Y und H63D; kontrovers: S65C (auch heterozygot für S65C und H63D)

betroffene Organe: Leber, endokrine Drüsen, Herz; bei Form IV v.a Leber und Milz (retikuloendotheliales System)

Typ I-III: parenchymatöse Eisenablagerung, Typ IV: retikuloendotheliale Ablagerungen

  • Erstbeschreibung im 19. Jahrhundert: Diabetes, Bronzehaut, Leberzirrhose
  • 1935: Vererbung, Eisenexzess erkannt
  • 1970/1980: Chromosom 6, HLA A*3
  • 1996: HFE identifiziert

 

 
 Diagnostik und Workup
 

 

Erwachsenenform: Verdachtssymptome (siehe Körperliche Untersuchung) => Biochemische Marker der Eisenübleradung (siehe Blut), Transferrinsättigung > 45% => Ausschluss von Leber- und anderen hämatologischen Erkrankungen => First-line Genetischer Test C282Y und H63D HFE; Ergebnis:

  • C282Y/C282Y oder C282Y/H63D => Hereditäre Hämochromatose
  • C282Y/wt, H63/Wt oder Wt/Wt
    • => Serum-Ferritin normal => jährliche Kontrollen
    • => Serum-Ferritin persistent erhöht => Second-Line Genetischer Test: TfR2, HAMP, HJV, HFE, bei negativem Test kann Leberbiopsie mit Hepatischen Eisenindex (s.u.) und Eisenverteilung diagnostisch sein

bei adulten Formen stehen Müdigkeit, Malaise, Arthralgien und ev. Heaptomegalie, bei den juvenilen Formen der hypogonadotropher Hypogonadismus oder unerklärbares Herzversagen im Vordergrund

 

Typ I-III: Nachweis eines erhöhten Plasmaeisen-Kompartimentes (hohe Transferrinsättigung)
Typ IV: verminderter Plasmaeisenpool, zunächst normale oder verminderte Transferrinsättigung, hohe Transferrinsättigung im weiteren Verlauf

Ferritin als Marker der Eisenbeladung des Gewebes: > 1000 ng/ml als Hinweis auf Leberzirrhose

bei juvenilen Formen: Analyse des HAMP oder HJV-Gens durch Sequenzierung

bei juvenilen Formen ggf. Leberbiopsie mit Berechnung des Hepatic Iron Index: hepatische Eisenkonzentration (in μmol/g Lebertrockengewicht) / Patientenalter (in Jahren) > 1,9 (normal < 1,0)

 

 

 

 

 
 Symptome und Befunde
 

Leberzirrhose, Bronzehaut, Diabetes mellitus ("Bronzediabetes")

75%: Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Arthralgien; selten Hepatomegalie mit erhöhten Transaminasen

1.

Hepatomegalie, erhöhte Leberenzyme

2.

Leberfibrose/zirrhose, 25% Varizen, portal Hypertension

3.

schnellere Progredienz einer vorbestehenden Alkoholhepatitis, Hepatitis C

4.

erhöhtes Risiko (20 - 200fach) für ein hepatozelluläres Karzinom (HCC), v.a. bei Männern

1.

aufgrund progressiver Eisenablagerung im Pankreas (selektiv für β-Zellen (Insulin, C-Peptid); α-Zellen (Glucagon) intakt

2.

Heterozygote: erhöhtes Risiko für Diabetes mellitus (odds ratio 3.5)

Dunkelfärbung der Haut

1.

dilatative Kardiomyopathie: Herzversagen

2.

Herzrhythmusstörungen: Sick-Sinus-Syndrom

3.

Risikofaktor für Arteriosklerose: umstritten

Gelenkschmerzen wie bei Calciumpyrophosphat-Ablagerungen (Pseudogicht, Chondrocalcinose); Radiologisch: quadratische Knochenenden; Osteophyten der Metakarpophalangeal-Gelenke (MCP), v.a. 2. und 3. MCP

  • hypogonadotroper Hypogonadismus aufgrund Eisenablagerung in der Hypophyse, vermindertes Libido und in ca. 45% Impotenz bei Männern; Erklärung für Osteoporose?
  • seltener: primärer hypergonadotroper Hypogonadismus aufgrund testikulärer Eisenablagerung
  • bei Phlebotomien reversibel
  • bei Frauen: seltener Amenorrhoen und Libidoverlust

Hypothyreose: bei erhöhtem TSH; Ursache unklar, Eisenablagerung in der Schilddrüse mit Antigenfreisetzung und Anti-Schilddrüsenantikörper-Bildung?

proportional zur Eisenüberladung, auch bei heterozygoten Genträgern; keine Studien, daher keine Screening-Empfehlungen ausser für HCC

erhöhtes Risiko für Listerien-Infektionen (Phagozytose der Makrophagen durch Eisenbeladung vermindert, Eisen als Pathogenitäts- und Virulenzfaktor einiger Bakterien), ebenso Yersinia enterocolitica (siderophil = eisen-liebend), ebenso Sepsis von Vibrio vulnificus (ebenfalls siderophil) nach rohen Seefisch (daher Aufnahme vermeiden)

Manifestationen sehr selten, ev. erhöhtes Risiko für Diabetes, kolorektales Karzinom und hämatologische Auffälligkeiten (umstritten)

Anämie bei menstruierenden Frauen oder nach Aderlaß möglich

 

 
 Verlauf und Prognose
 

 

siehe Formen; bei Typ II (A und B) hohe, bei Typ I und III variable und Typ IV niedrige Wahrscheinlichkeit für Organschaden

 

 

Populationsscreening wird kontrovers diskutiert und gegenwärtig abgelehnt

 

 
 Differentialdiagnosen
 

Acoeruloplasminämie (Verlust der Plasmaferroxidase): verminderter Eisenausstrom aus Zellen, hypochrome mikrozytäre Anämie, Eisenakkumulation in Leber und v.a. Gehirn => neurologische Auffälligkeiten im Vordergrund

Hypocoeruloplasminämie: siehe Morbus Wilson

A-, Hypotransferrinämie: verminderter Plasmaeisentransport, ausgepärgte Anämie, kompensatorisch gesteigerte intestinale Eisenaufnahme mit Eisenablagerung in vielen Geweben

"neonatale Hämochromatose": massive hepatische Eisenüberladung mit perinatalem Leberversagen, i.d.R. fatal

 

 
 Therapien
 

Aderlässe, eisenarme Diät (keine Gefahr der Anämie, Sinken des Serumferritins und parallel dazu der Transferrinsättigung)

Indikation der Aderlässe (eng. phelbotomy) bei Symptomen und Serumferritin > 1000 ng/ml aufgrund der Leberfibrosegefahr; initial 1-2 Bluteinheiten mit 200-250 mg Eisen wöchentlich bis zu einem Serumferritin < 50 ng/ml und einer Transferrinsättigung < 30% entfernen (Dauer 2-3 Jahre); lebenslange Erhaltungstherapie mit einer Transferrinsättigung < 50 % und Serumferrtin < 100 ng/ml. Bei vorhandener Zirrhose, Hypogonadismus, destruierender Arthritis oder insulinpflichtiger Diabetes kann der Aderlass die Progression verlangsamen, jedoch kein Vermindern der Symptome bewirken.

schlechtes Ansprechen auf Aderlässe: rascher Abfall der Transferrinsättigung bei persitierendem hohen Ferritin; Gefahr der Anämie

 

 
 Referenzen
 

Bartram WS2002/2003

Pietrangelo A 2004

Montosi 2001

 

 

 
 Editorial
 

Julia Zimmer

22.02.2003

Tobias Schäfer (Editor)

Julian Thaler, 26.07.2004

Manuel Anhold, 12.07.2004

Tobias Schäfer, 04.06.2004

 

PRELIMINARY

Lizenz für freie Inhalte

 
 Kommentare
 
 
  Manuel Anhold schrieb am 12.07.2004 um 20:15 Uhr:
 

Spitzenartikel. Vollständig, präzise, lässt keine Wünsche offen!

 
  Julian Thaler schrieb am 26.07.2004 um 15:54 Uhr:
 

Nochmal: toller Artikel,Thema absolut erschöpfend beantwortet - was will man mehr wissen?

 
 

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