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Flaps
 

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Autor

Tobias Schäfer
 

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 Methode
 

 

flap

 

Unter Flap versteht man eine Gewebeeinheit, die von einer Spenderseite (Donor) zu einer Empfänderseite (recipient) unter Beibehaltung der eigenen Blutversorgung transferriert wird. Dabei kann ein Flap nur aus Haut, aber auch aus Weichteilen, Muskel, Knochen, Fettgewebe und Faszie bestehen. Im Unterschied zum flap wird ein graft ohne eigene Blutversorgung transferriert; das Überleben hängt daher alleine von der Empfängerseite ab.

16. Jahrhundert vom niederländischen Wort "flappe" abgeleitet (etwas, das nur an einer Seite befestigt ist). Erstdurchführung 600 v. Chr. durch Sushruta Samita (Nasenrekonstruktion unter Verwendung eines Wangen-flaps. Stirn-Rhinoplastien ca. 1440 n. Chr. in Indien.

Klassifikationssysteme:

Blutversorgung:

  1. Random (kein definiertes Blutgefäß, v.a. bei Hautlappen)
  2. Axial (definiertes Blutgefäß) (nach Mathes und Nahai)
    • 1 Gefäßstiel (z.B. M. tensor fascia lata)
    • Dominante(r) Gefäßstiel(e) und Minor-Gefäßstiel(e) (z.B. M. gracilis)
    • 2 dominante Gefäßstiele (z.B. M. gluteus maximus)
    • segmentale Gefäßstiele (z.B. M. sartorius)
    • 1 dominanter Gefäßstiel und sekundäre segmentale Stiele (z.B. M. latissimus dorsi)

Gewebezusammensetzung:

  1. Haut
  2. Faszie
  3. Muskel
  4. Knochen
  5. Viszerale Organe (Kolon, Omentum, Dünndarm)
  6. Composite
    • Fasziokutan (z.B. radialer Unterarm-Flap)
    • Myokutan (z.B. TRAM-Flap)
    • Osseokutan (z.B. Fibula-Flap)
    • Tendokutan (z.B. Dorsalis-pedis-Flap)
    • Sensorische / innervierte Flaps (z.B. Dorsalis-pedis-Flap mit tiefem N. peroneus)

Lokalisation der Donor-Stelle:

  1. Lokal: benachbarte Stelle (z.B. Hautflap)
    • Pivotal (geometrisch)
      • Rotation
      • Transposition
      • Interpolation
    • Advancement
      • Single pedicle
      • Bipedicle
      • V-Y
  2. Entfernter Flap
    • gestielt (Pedicle): noch mit ursprünglicher Blutversorgung (z.B. Leisten-Flap)
    • frei: neue Anastomose der Blutgefäße (z.B. freier TRAM)

 
 Indikationen
 

Beispielhafte Indikationen für freie Flaps:

  • Abdeckung exponierter vitaler Strukturen: M. latissimus dorsi Free Flap zur Abdeckung einer offenen Tibiafraktur im distalen Drittel des Beines
  • Obliteration von Höhlen: M. rectus abdominus Free-Flap zur Auffüllung eines Maxilla-Defektes nach Maxillektomie
  • Rekonstruktion von Konturen: Transverse rectus abdominus myocutaneous (TRAM) Free-Flap zur Brustrekonstruktion
  • Knochenrekonstruktion: Osteokutaner Fibula-Flap zur Rekonstruktion der Mandibel
  • Ersatz von Muskelfunktionen: M. gracilis Free-Flap bei Fazialisparese
  • Vaskularisierter Nerventransfer: vaskularisierter N. ulnaris zur Rekonstruktion des Plexus brachialis
  • Fingerrekonstruktion: Großzehen-Composite-Flap zur Daumenrekonstruktion
  • GIT-Rekonstruktion: Jejunum Free-Flap zur Ösophagusrekonstruktion

 

 
 Durchführung
 

  • kurze Anamnese und klinische Untersuchung
  • OP-Planung
  • Labor:
    • Blutbild (Ziel-Hkt post-OP: 30 für Blutversorgung)
    • Kreuzblut
    • Gerinnungsstatus
    • Elektrolyte
  • EKG, Röntgenbild, Lungenfunktion,
  • bei Rekonstruktionen der unteren Extremität: Angiographie, CT

Prinzipien:

  1. Gleiches mit Gleichem Ersetzen.
    Ist dies nicht möglich, möglichst ähnliches Gewebe verwenden. Beispiel Augenlid: Optimal wäre Haut vom kontralateralen Augenlid; falls dies nicht möglich, hintere Ohrhaut.
  2. In Einheiten denken.
    Einteilung des Körpers in Einheiten und Untereinheiten mit jeweiligen Eigenheiten. Auf Wiederherstellung der Grenzen, Winkel, Haarlinien achten.
  3. OP vorher genau planen; immer Backup-Plan vorbereiten.
    einachsten Weg wählen, der Funktion und Ästhetik optimal wiederherstellt
  4. Aus unwichtigen Gegenden stehlen
    aber nur, wenn dies aus der Gegend möglich ist. Spannungsfreier Einbau an der Empfängerstelle
  5. Niemals Donorstelle vergessen
    gleichberechtigte Behandlung beider Defekte

Wichtigste freie Flaps:

  1. M. latissimus dorsi
    • Muskel oder muskulokutan
    • Dominanter Stiel: A./V. thoracodorsalis
    • Minor-Stiel: Aa. perforatores aus den Aa. intercostales posteriores und Aa. lumales
    • Innervation: N. thoracodorsalis (motorisch)
    • Kommentar: sehr verläßlicher Flap mit großer Muskelmasse, langem Gefäßstiel und guter Hautkomponente. Kann zusammen mit M. serratus anterior und/oder Skapularflap an einem Gefäßstiel kombiniert werden. Nachteil ist die Positionierung des Patienten in einer lateralen, dekubitusgefährdeten Stellung zur Gewebegewinnung
  2. Scapula-Flap
    • Faszie, fasziokutan oder osteokutan
    • Dominanter Gefäßstiel: A./V. circumflexa scapulae
    • Innervation: laterale und posteriore Hautnerven des 3. - 5. Interkostalnerven (sensorisch)
    • Kommentar: langer Gefäßstiel; Nachteile: laterale, dekubitusgefährdete Position oder vornübergeneigte Position zur Gewebegewinnung. Sensorische Innervation nicht verläßlich, Haut kann zu sperrig sein.
  3. Lateraler Arm-Flap
    • Faszie oder fasziokutan
    • Dominanter Gefäßstiel: A./V. radialis collateralis posterior (Ast der A. brachii profunda)
    • Innervation: N. cutaneus posterior (sensorisch)
    • Kommentar: keine Entfernung eines großen Armgefäßes notwendig, daher Implantation auf der selben Seite möglich; ev. unhandlicher Flap, kurzer Gefäßstiel. Auffällige Narbenbildung möglich.
  4. Radialer Unterarm-Flap
    • Fasziokutan oder osteokutan
    • Dominanter Gefäßstiel: A. radialis, Begleitvenen, V. cephalica
    • Innervation: Nn. cutanei antebrachii mediales und laterales (sensorisch)
    • Kommentar: nützlicher, vielseitiger Flap mit langem Gefäßstiel und dünner, biegsamer Haut. Nachteil: A. radialis wird geopfert. Gefahr der Exponierung der Flexor-Sehnen
  5. M. rectus abdominis Flap
    • Muskel oder muskulokutan (TRAM, VRAM)
    • Dominanter Gefäßstiel: A./V. epigastricae inferior / superior
    • Innervation: 7.-12. Interkostalnerv (motorisch) und laterale Hautnerven aus den Interkostalnerven(sensorisch)
    • Kommentar: verläßlicher Flap, große Muskelmasse, viel Haut. Langer Gefäßstiel. Aus aufrechter Position gewinnbar. Nachteil: mögliche abdominelle Hernie nach Opferung des M. rectus abdominis
  6. Omentaler Flap
    • vaskularisiertes Fett
    • Dominanter Gefäßstiel: A./V. gastroepiploica
    • Kommentar: große Menge Gewebe, Laparotomie notwendig
  7. Jejunaler Flap
    • vaskularisierter Darm
    • Dominanter Gefäßstiel: A./V. jejunalis
    • Kommentar: für pharygeale und ösophageale Rekonstruktionen. Keine Ischämietoleranz, daher sofortige Revaskularisation notwendig
  8. M. gracilis-Flap
    • Muskel oder muskulokutan
    • Dominanter Gefäßstiel: A./V. femoralis circumflexa femoris, aufsteigender Ast
    • Innervation: vorderer Ast des N. obturatorius (motorisch) und N. cutaneus femoris anterior (sensorisch)(
    • Kommentar: bei Fazialisparese oder zur Reinnervation von Extremitäten-Muskel-Funktionen. Kurzer Gefäßstiel, kleine Gefäße. Variabler Hautanteil. Auch zur Deckung von dekubitalen Ulzera geeignet.
  9. Fibula-Flap
    • knöchern oder osteokutan
    • Dominanter Gefäßstiel: A./V. fibularis
    • Innervation: N. peroneus superficialis (sensorisch)
    • Kommentar: große Menge an Knochen für Osteotomien. Adäquater Gefäßstiel bei Patienten ohne pAVK. Verläßlicher Hautanteil, verwendbar bei Erhaltung der fasziokutanen Perforatoren.
  10. Großzehen-Flap
    • Composite: Knochen, Sehne, Nerven, Haut, Nagel
    • Dominanter Gefäßstiel: A./V. metatarsalis dorsalis
    • Minor-Gefäßstiel: 1. A./V. metatarsalis plantaris
    • Innervation: Nn. digitales (sensorisch), dorsale Hautnervendes N. peroneus superficialis, N. peroneus profundus
    • Kommentar: Ersatz eines verlorenen Daumens ohne signifikante Veränderung der Fußfunktionalität

Intraoperative Details

  • Besprechung mit Anästhesie (Dauer der Prozedur, Muskelrelaxantien, Patientenposition, periphere Zugänge vs. OP-Feld, sterile Flächen, Meidung von Vasokonstriktoren, Erhalt der normalen Körpertemperatur, adäquate Hydierung
  • Ausreichende Instrumentierung, ggf. für 2 Teams. Operationsmikroskop, mikrochirurgische Instrumente, Mikronähte (9-0 und 10-0 Nylon), steriele Tourniquets, steriler Doppler, Dermatom für mögliche Hauttransplantate.
  • nach Intubation korrekte Lagerung, Abpolsterung aller Druckpunkte, Prävention von Nervenschäden, Urinkatheteranlage, sequentielle Kompression der Beine zur vermeidung der tiefen Venenthrombose
  • Sterile Präparation der Donor- und Empfängerseite sowie möglicher Stellen zur Gewinnung von Venen-, Nerven- oder Hautteilen
  • Beginn mit ausreichender Exploration und Präparation der Empfängerseite, Infektionskontrolle, adäquates Debridement; Doppler zum Aufsuchen der Gefäße, Ausmessen des benötigten Gewebes, Wahl des Flaps (Reevaluation der Notwendigkeit eines free flaps?), Lokalisation des Gefäßstieles, Vermeidung von Venen-Grafts.
  • Einsetzen des Flaps, dann mikrochirurgische Anastomosen, entweder end-zu-end oder seit-zu-seit.
  • Entfernung aller Koagel und Debris durch Spülung mit heparinisierter NaCl-Lsg. (100 U/ml)
  • Meidung von Gefäßspannung, Abknickung, Verdrehung; bei zu großer Spannung ggf. Venen-Graft.
  • nach Herstellung des Flusses warme Spülung der Anastomosen mit Papaverin zur Aufhebung des Vasospasmus, Reparatur leckender Anastomosen, Ligatur von Seitenästen zur Vermeidung von Hämatomen. "Vascular Strip Test": sanfter Verschluß des Gefäßes distal der Anastomose mit einer Mikroschere und Ausstreichen des Gefäßes in Richtng Anastomos; nach Entfernen der proximalen Schere rapider Blutfluß detektierbar.
  • beim endgültigen Einsetzen des Flaps Kompression der Anastomosen meiden
  • Lockerer Verband

Postoperativ:

  • Schmerzkontrolle zur Vermeidung der Vasokonstriktion
  • ausreichende Hydierung und Körpertemperatur
  • Anhebung des Free-Flaps, um venösen Abfluß zu verbessern und Schwellungen zu minimieren
  • Antikoagulation mit Dextran 40, Heparin oder Aspirin
  • Free-Flap-Monitoring: klinisch (Hautfarbe, Kapillarfüllung, Turgor), Nadelstichtest, oberflächlicher oder implantierter Doppler, Temperaturüberwachung, Pulsoxymetrie, intravenöses Fluorescein
  • bei vaskulärer Kompromittierung des Flaps: Reposition des Patienten, Entfernung komprimierender Verbände, Entfernung enger Hautnähe, Kontrolle der Hydierung. Bei Versagen dieser Erstmaßnahmen sofortige operative Reexploration.

 
 Messungen
 

 

 

 

 
 Nebenwirkungen und Komplikationen
 

1.

Blutungen, Notwendigkeit von Transfusionen

2.

Notwendigkeit einer Antikoagulation

3.

Infektionen

4.

Nervenschädigungen

5.

Gelenksteifigkeit

6.

Vaskuläre Komplikationen bei Extremitäten-OPs

7.

ev. Notwendigkeit einer notfallmäßigen Re-Operation

8.

partieller oder totaler Verlust des Flaps

9.

Narben

10.

Notwendigkeit von Revisions-Operationen

siehe oben, auch schwerwiegende anästhesiologische Komplikationen einschließlich Myokardinfarkt, Apoplex, Tod

 

 
 Kontraindikationen
 

freier Gewebetransfer erfordert meist lange und technisch schwierige Operationen, ggf. notfallmäßige Reoperationen zur Hämatomausräumung oder Blutflußwiederherstellung

1.

Intoleranz einer längeren Anästhesie

2.

Sepsis

1.

Leberversagen, Koagulopathien

2.

unkontrollierte kardiovaskuläre Erkrankungen, Nierenerkrankungen und Diabetes mellitus

vorherige Radiatio, Rauchen, Infektionen, schlechte Planung, Notwendigkeit von Venen-Grafts

 

 
 Bewertung
 

 

 

 
 Referenzen
 

 

 

Erdmann 2004

Hamdi 2004

Rosenthal 2003

 

 

 
 Editorial
 

Tobias Schäfer

29.08.2004

Tobias Schäfer (Editor)

 

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