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Pseudotumor cerebri
 

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Einleitung
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Autor

Alexander Barié
 

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 Einleitung
 

gutartige, benigne oder idiopathische intrakranielle Drucksteigerung oder Hypertension

idiopathic intracranial hypertension

benign intracranial hypertension

G93.2

erhöhter intrakranieller Druck, normaler neurologischer Befund mit Ausnahme eines Papillenödems und einer möglichen Abducensparese, keine intrazerebrale Raumforderung und keine Ventrikelerweiterung in der Bildgebung,  normaler Liquorbefund mit evtl. erniedrigtem Gesamteiweiß  

Nur teilweise (und vor allem in älteren Veröffentlichungen) wird in der Literatur das Krankheitsbild des Pseudotumor cerebri subtypisiert:

  1. primärer idiopathischer Pseudotumor cerebri unbekannter Ätiologie mit Ausschluss primär struktureller oder systemischer Ursachen für eine Druckerhöhung in den intrakraniellen venösen Sinus (Pseudotumor cerebri im eigentlichen Sinne auf den sich auch diese Beschreibung bezieht)
     
  2. sekundärer Pseudotumor cerebri mit aufgedeckter direkter Ursache welche zu einer Behinderung der Absorbtion des Liquore cerebrospinalis führt. Gründe hierfür können in erster Linie sein: Thrombosen der Sinusvenen; Schädelbasisveränderungen mit Beeinträchtigung des venösen Abflusses; Liquorresorbtionsstörungen durch Liquorzirkulationsstörungen z.B. bei spinalem Tumor, Kompression der Halsvenen z.B. bei Operationen oder Bestahlung im Bereich des Halses oder bei massiver Vergröserung der Schilddrüse; Behinderung der venösen Abflusswege bei intrathorakalen Raumforderungen; Erhöhung des venösen Druckes bei Herzerkrankungen (zumeist in der Literatur und so auch hier nicht zum Krankheitsbild Pseudotumor cerebri zugeordnet)

 

 
 Epidemiologie
 

  • 1-2: 100000/Jahr
  • 19 : 100 000/Jahr bei übergew. Frauen im gebärfähigen Alter

  • Kinder: M : F = 1 : 1 
  • Jugendliche: M : F = 1 : 3-5 
  • Erwachsene: M : F = 1 : 8

in jedem Alter möglich

20-44 Jahre

 

 

 

 
 Pathologie
 

  • idiopathischer Typ: nicht bekannt; Theorien:
    • Erhöhte Liquorproduktion
    • Erniedrigte Liquorreabsorbtion
    • Erhöhte interstitielle Flüssigkeitsmenge (Ödem)
    • Erhöhter intrakranieller venöser Druck
       
  • sekundärer Typ:

1. Metabolisch

2. Endokrin

3. Infektionen

4. Hämatologie

5. Obstruction of Intracranial Venous Drainage

  • head injury
  • lateral sinus
  • posterior sagittal sinus
  • superior vena cava

6. Medikamente

  • Kortikosteroide
  • Tetrazykline
  • Nitrofurantoin
  • Sulfamethaxol
  • Chlorpromazin
  • Lithium
  • Amiodaron
  • Orale Kontrazeptiva
  • Phenytoin
  • Indomethazin
  • Chlortetracycline
  • Nalidixinsäure
  • Im Rahmen eines ATRA-Syndroms

7. Others

siehe sekundäre Ätiologie

 

  • der erhöhte intrakranielle Druck resultiert evtl. aus Ver änderungen der Liquorproduktion und -absorption, Hirnödem, Störungen in der Vasomotorik und zerebralem Blutfluß und/oder venöser Obstruktion
  • Kompression des 6. Hirnnerv kann zu Diplopie führen

 

 

Erstbeschreiber: Quincke H. (Über Meningitis Serosa; Sammlung klinischer Vorträge; Innere Medizin 1893; 67: 655)

 

 
 Diagnostik und Workup
 

  • Ausschlussdiagnose
  • Symptome von erhöhtem Hirndruck (Stauungspapille, Kopfschmerzen)
  • Unauffälliger neurologischer Untersuchungsbefund (ev. Abduzensparese)
  • Normale kraniele Bildgebung (ev. "empty sella", Optikusscheidenerweiterung)
  • Erhöhter Liquordruck bei normalem Liquor
  • Gutartiger klinischer Verlauf abgesehen von Stauungspapille und deren Folgen

 

  • Neurologischer Status einschließlich Fundusbeurteilung (Abduzensparese?)
  • Internistischer Status (Rechtsherzinsuffiziens ?)
  • Bestimmung des Body-mass-Index

  • kranielles CT (Ausschluss von Hydrozephalus, Tumor, ...)
    Ventrikel normal und mittelständig (ev. etwas verkleinert)
  • MRT der Wirbelsäule (Ausschluss eines spinalen Tumors)
  • MR-Angiographie (Ausschluss einer Sinusvenenthrombose)
  • kranielles MRT (oft Befund der "empty sella" und erweiterter Optikusscheiden)

Blutbild, Kreatinin, Elektrolyte, PTT, Quick-Test, Elektrophorese, CRP

  • Bestimmung des Liquoreröffnungsdruckes (15-20 cm H2O ist grenzwertig, >20 cm H2O sicher pathologisch
  • Labor (Normalbefund mit evtl. erniedrigtem Eiweisspiegel)

Augenärztliche Untersuchung:

  • Fundusbeurteilung (Stauungspapille in dpt.)
  • Goldmann-Perimeter (Vergrößerung des blinden Flecks?; periphere Ausfälle?)
  • Bestimmung des Visus

  • regelmäßige Augenärztliche Kontrolle von Visus, Gesichtsfeld und Papillenprominenz (initial wöchentliche Kontrolle)
  • Laborkontrolle bei medikamentöser Therapie: Elektrolyte und Blutgase

 

 

 

 
 Symptome und Befunde
 

1.

Kopfschmerzen

2.

retrobulbäre Schmerzen die sich bei Augenbewegungen verstärken

3.

Übelkeit, Erbrechen

4.

Visuelle Symptome(oft zu Beginn transient, im späteren Stadium dann permanent):

  • Visusverschlechterung
  • Schleiersehen (blurred vision)
  • Diplopie (Doppelbilder)
  • Gesichtsfeldausfälle 
Papillenödem:
  • choked optic discs
  • erhöhte Ränder der Disc
  • vergrößerter blinder Fleck
  • tortuous & distended retinal veins

5.

MACEWEN-Zeichen ("crack-pot"): bei Kindern führt das Beklopfen des Schädels zu einem Resonanzgeräusch, da die Suturen separiert sind

1.

Intrakranielle Geräusche

2.

Somnolenz, Apathie, Irritabilität

3.

Nackensteifigkeit

4.

Parästhesien der Extremitäten

5.

Gleichgewichtsstörungen, Schwindel

 

 
 Verlauf und Prognose
 

 

 

  • Atrophie des N. optivus und Blindheit sind die häufigsten Komplikationen
  • bei der Therapie mit Azetazolamid:
    • Paresthesien
    • Geschmacksstörungen
    • Hypokaliämie, Hyperkalzämie, Hyperkalziurie mit Nierensteinbildung
    • Leistungsabfall
    • metabolische Azidose
    • Leberfunktionsstörungen

  • normalerweise spontane Remission nach 3 Monaten
  • Visusverlust bei 0-25 % der Patienten (Stauungspapille >3 dpt führt zu Optikusatrophie)
  • Rezidive auch nach Jahren immer wieder möglich (10%)

 

 

 
 Differentialdiagnosen
 

1.

sekundärer Pseudotumor cerebri z.B. bei Sinusvenenthrombose (s.o.)

2.

  • Hochdruckhydrozephalus
  • Normaldruckhydrozephalus
  • Liquorunterdruck
  • Intrakranielle Infektionen
  • Intrakranielle Sarkoidose
  • Intrakranielle nichtinfektiöse Entzündungsprozesse
  • Intrakranielle Neoplasma

 

 
 Therapien
 

Ursachen ausschließen und ggf. behandeln

1.

Gewichtsnormalisierung bei Adipositas

2.

Standard-Kopfschmerzbehandlung (Paracetamol, Acetylsalicylsäure, Ergotalkaloide, Sumatriptan, ...)

1.

Initiale Lumbalpunktion

2.

Carboanhydrasehemmer (Azetazolamid) 250mg 1-2 mal täglich bei Erwachsenen 20-30mg/kg KG/Tag bei Kindern

3.

Schleifendiuretika (Furosemid) 1mg/kg KG/Tag

4.

Kortikosteroide: Dexamethason 0,5mg/kg KG/Tag

5.

Serielle Lumbalpunktion (Reduktion des ICP um 50%, maximal 2x / Tag)

indiziert bei Versagen der konservativen Therapie oder beginnender Optikusatrophie

1.

Lumboperitonealer Shunt

2.

Optikusscheidenfensterung

 

 
 Referenzen
 

Göbel 1996

Hufschmidt 2002

Fenichel 2001

Barlow 1984

Pedbase

Förderreuther 2002

Koepp 1995

Salman 2001

 

 

 

 
 Editorial
 

Alexander Barié

05.12.2002

 

Tobias Schäfer, 06.12.2002

 

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