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Medicle Datenbank: Lowe-Syndrom
 

 Einleitung
 

Okulozerebrorenales Syndrom

oculocerebrorenal syndrome

Phosphatidylinositol 4,5-biphosphate 5-phosphatase deficiency

Trias: Katarakt, mentale Retardierung, renale tubuläre Dysfunktion (Fanconi-Syndrom)

 

 
 Epidemiologie
 

1:500,000 (Loi, 2006)

  • bei Geburt Katarakte und muskuläre Hypotonie
  • mentale Retardierung
  • zunächst normale Nierenfunktion, Entwicklung eines Fanconi-Syndroms mit ca. 1 Jahr
  • langsamer Anstieg der Retentionswerte im 2. Lebensjahrzehnt

überwiegend männliche Patienten; bei betroffenen weiblichen Patienten liegt eine X-autosomale Translokation vor, die den OCRL1 Genlocus umfasst und zu einer Vollausprägung des Phänotypes führt.

Mutationen im OCRL1-Gen können auch beim Dent-Syndrom nachgewiesen werden.

 

 
 Pathologie
 

X-chromosal

#309000

Xq26

OCRL1-Gen kodiert für das Enzym Phosphatidylinositol 4,5-Biphosphat 5-Phosphatase, was im Proteintransport, als second messenger und im Zellmetabolismus eine Rolle spielt.

Mutation im OCRL1-Gen

Nierenbiopsie: atrophe Tubulusepithelzellen und interstitielle Fibrose. Tubuluslumen ggf. gefüllt mit proteinreichem Material. In älteren Patienten erscheint die Basalmembran verdickt mit fusionierten Podozyten. Im weiteren Verlauf Sklerose der Glomeruli.

Erstbeschreibung 1952 durch Lowe (Kind mit kongenitalen Katarakten und mentaler Retardierung. Nachdem weitere Patienten beschrieben wurden, wurden auch der renale Phänotyp sowie die X-chromosomale Vererbung erkannt.

 

 
 Diagnostik und Workup
 

  • typische Gesichtszüge:
    • tiefsitzende schmale Augen
    • hohe Stirn
    • langes Gesicht

  • MRT-Schädel: Signalveränderungen in der weißen Substanz, insbesondere periventrikulär durch flüssigkeitsgefüllte Zysten unklarer Signifikanz
  • Röntgenaufnahmen: Rachitische Veränderungen
  • Ultraschall: Nephrokalcinose oder Nephrolithiasis.

  • Elektrolyte (inkl. Calcium und Phosphat)
  • Blutgase: metabolische Azidose!
  • Alkalische Phosphatase
  • Carnitin
  • Kreatinin
  • GOT, LDH und CK sind oft auf das 2-3fache erhöht
  • ggf. Proteinelektrophorese: evtl. Erhöhung von alpha-2 Globulin
  • ggf. erhöhte Schilddrüsenwerte und erhöhte BSG

Urinstatus, Urinelektrolyte, Urinosmolarität, Aminosäuren im Urin, Urin-Carnitin: typischerweise findet sich eine Aminoazidurie, Phosphaturie und Proteinurie; Hyperkalziurie i.R. eines proximalen Tubulusschaden oder i.R. einer Behandlung mit Vitamin D. Niedrige Urinosmolarität durch eingeschränke Wasserrückresorption. L-Carnitin geht über die Niere verloren.

Enzymatische Testung in Fibroblastenkultur (Nachweis)

genetische Untersuchung möglich (zur Bestätigung)

möglich

 

 
 Symptome und Befunde
 

  • typische Gesichtszüge:
    • tiefsitzende schmale Augen
    • hohe Stirn
    • langes Gesicht
  • Augen:
    • Katarakt bei Geburt (nachweisbar ab 20.-24- SSW)
    • in 50-60% bilaterale Glaukome ohne Buphthalmus
    • in 25% korneale Keloidbildung ohne Trauma, meist nach dem 5. Lebensjahr, in der Hälfte der Fälle bilateral
    • oft Entwicklung eines Strabismus
  • Neurologisch:
    • Bereits im Neugeborenenalter muskuläre Hypotonie, im Verlauf ggf. Entwicklung von Skoliose und Hernien
    • Fütterungsprobleme
    • ggf. verzögerte motorische Entwicklung
    • ggf. Areflexie
    • meist deutliche mentale Retardierung mit IQ um 40-54 (nicht progredient), in 10% lediglich leichte Retardierung
    • Entwicklung von Krampfanfällen in ca. 50% (myoklonisch, generalisiert, infantile Spasmen, komplex-fokal)
    • häufig Verhaltensauffälligkeiten
  • Niere: Fanconi-Syndrom
  • orthopädisch:
    • Rachitis
    • Osteomalazie
    • Osteopenie
    • erhöhte Gefahr von Frakturen
    • Gelenschwellungen, Arthritis, Tendosynovitis ab Jugendlichenalter
    • Skoliose
    • ggf. überstreckbare Gelenke, aber auch ggf. Kontrakturen
    • verringertes Wachstum: ab 1.-3. Lebensjahr Längenwachstum unter der 3. Perzentile
  • Sonstiges:
    • Kryptorchismus in 15-40% bei normaler sexueller Entwicklung
    • ggf. Haut- und Schleimhautzysten mit Gefahr der Superinfektion
    • häufig Obstipation

 

 
 Verlauf und Prognose
 

progredient

  • hohe Sterblichkeit in den ersten Lebensmonaten durch metabolische Komplikationen i.R. des Fanconi-Syndroms --> Wachstumsverzögerung, schwere metabolische Azidose, Elektrolytstörungen, Dehydratation
  • Gefahr der Aspirationspneumonie bei muskulärer Schwäche und schwachem Hustenreflex

Tod meist im 2. oder 3. Lebensjahrzehnt, sonst Entwicklung einer terminalen Niereninsuffizienz im 4. oder 5. Lebensjahrzehnt

 

 
 Differentialdiagnosen
 

 

 
 Therapien
 

frühe Katarakt-Operation; regelmäßige Kontrollen des Augeninnendrucks; ggf. Keloidentfernung, Strabismus-OP

Sorgfältiges Monitoring der Elektrolyte und Blutgase; ggf. Substitution von Bikarbonat, Natriumcitrat und Citratsäure oder Kaliumcitrat, Kalium, Calcium, Phosphat, Vitamin D, Carnitin.

ggf. Magensonde oder PEG-Anlage erforderlich

Hormontherapie, ggf. OP

 

 
 Referenzen
 

e-Medicine

 
 Editorial
 

Wibke Janzarik

10.03.2008

Tobias Schäfer (Editor)

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